Down The White Waters

Down The White Waters Hot

Alina Jensch   13. September 2018  
Down The White Waters

Musik

Interpret/Band
Veröffentlichungs- Datum
21. September 2018
Format
  • CD
  • Download
  • Vinyl
Anzahl Medien
1

Hörspiegel-Meinung

Gesamtwertung 
 
9,0

Vor gut sechs Jahren wurde die sauerländische Pagan/Black Metal Band HEL beerdigt, seinerzeit hieß es, alles, was mit der Band je zum Ausdruck gebracht werden sollte, wurde zum Ausdruck gebracht. Soll heißen: Das Projekt „HEL“ wurde abgeschlossen. Aus dieser Asche hebt Multitalent Skaldir nun die Esche aller Eschen, ASH OF ASHES, nicht als Weiterführung sondern als Nachfolger.
Der Bandname wurde bewusst mehrdeutig gewählt und so bleibt es einem jeden selbst überlassen den Namen zu interpretieren. Musikalisch wird ASH OF ASHES mit „Epic Skaldic Metal“ beworben. Bitte was? Eine verwirrte Nachfrage bei der Band ergibt: Skalden waren höfische Barden im mittelalterlichen Skandinavien. Ein Blick auf die Titelliste verrät außerdem, dass gut die Hälfte der Stücke die Sage von Wieland dem Schmied behandelt.
ASH OF ASHES erzählen uns mit ihrem Debüt „Down The White Waters“ also in einem sehr gelungenen Mix aus Viking, Pagan, Black Metal und Folk Geschichten.

Songwriting, diverse Instrumente, Gesang und Produktion hat Skaldir im Alleingang übernommen. Sämtliche Texte und Growls stammen dagegen von seinem langjährigen Freund Morten. Als Gäste und Unterstützung haben sie sich Dennis Strillinger (Schlagzeug), Mathias Gyllengahm (Nyckelharpa) und Runahild (Hardangerfiedel) ins Boot geholt und dem Album damit unweigerlich einen internationalen Anstrich verliehen.
Zusammen haben sie 10 Stücke, davon ein kurzes Instrumental („Springar“) und ein Outro, zum Leben erweckt. Schon gleich im Titelstück „Down The White Waters“ fallen die stark atmosphärische Gestaltung und der Pathos auf. Hier treffen epic metal auf Filmmusik – eine stürmische Bootsfahrt auf eine Wagner Oper. Und genau so geht es auch weiter: Stets türmen sich Wände vielschichtiger Instrumentalisierung bedrohlich auf, singen Gitarren ihr trauriges Lied, sorgen Chöre für ein bisschen Viking-Feeling und führt Skaldir mit seinem beeindruckenden Gesang von warm und clean bis emotional schreiend durch die Geschichten. Die traditionellen Instrumente und Mortens bewusst gesetzte Growls verleihen schließlich das gewisse Etwas. Man möchte eigentlich die Heizung anschalten, denn die Vermittlung von Stimmung und Gefühlen gelingt so außergewöhnlich gut, dass man trotz Septembersonne friert.

Eine stilistische Einordnung scheint einfach und ist doch schwierig. Zwar ist es dank des epischen Gewands, der Instrumente und des nordischen Themas leicht die „Viking“-Fahne zu schwingen; einige Stücke (z.B. „Ash To Ash“, „In Chains“) passen aber viel besser in die Black Metal-Schublade und tempotechnisch ist sowieso so ziemlich alles auf dem Album vertreten.
Populär scheint es zu sein, Vergleiche mit BATHORY heranzuziehen. Da ich zu den ungefähr fünf Personen auf diesem Planeten gehöre, die BATHORY insgesamt eher dröge und langatmig finden, kann ich den Vergleich jedoch nicht ganz nachvollziehen. „Down The White Waters“ verliert sich nicht in Momenten und wirft weder die Frage auf, wann denn endlich mal wieder etwas passiert, noch schleift es den Hörer im Eilschritt durch die Stücke. Beim Hören kommen mir eher Assoziationen zu (großartigen!) Bands wie MYRKGRAV, GALAR und frühe GLITTERTIND, wobei davon tatsächlich keine so episch fett klingt wie die neue ASH OF ASHES. Klanglich wäre hier aber ein Vergleich mit MOONSORROW möglich.

Zu Beginn gefielen mir einige der hohen Passagen in Skaldirs Gesang nicht so ganz („Down The White Waters“, „Seven Winters Long“), zu angestrengt, zu aufgesetzt für meinen Geschmack. Mit dem dritten Hören fällt es schon fast nicht mehr auf, tatsächlich ist und bleibt das aber der einzige Kritikpunkt an diesem spannenden Album. 
An der Produktion kann man sich zu Tode suchen, die sitzt und trifft genau ins Schwarze. Nicht zu trocken, nicht zu überladen. Besonders gefällt, dass alle musikalischen Elemente, jedes Instrument, glasklar zu hören sind und den Raum haben sich zu entfalten. Die abwechslungsreichen Melodien tun dann ihr übriges den Hörer zu verzaubern.

ASH OF ASHES fackeln nicht lange und greifen mit ihrem Debüt „Down The White Waters“ gleich nach den Sternen. Das Album ist so überraschend und überwältigend gut, dass sich die großen Labels um zukünftige Veröffentlichungen nur so reißen sollten!


*Hinweis: Ein Mitglied der Band ist auch für den Hörspiegel tätig. Diese Rezension erfolgte freiwillig und unabhängig.

© 2002 - 2024 Der Hörspiegel - Lesen, was hörenswert ist. --- IMPRESSUM --- DATENSCHUTZ