Karl May auf der Bühne - Band I Hot
Michael Brinkschulte
09. Mai 2021
Buch-Tipp
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Genre
Anzahl Seiten
400
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Rückentext
Seit den 1950er-Jahre haben Karl-May-Festspiele von Bad Segeberg bis Elspe Tradition. Hunderttausende pilgern heute Jahr für Jahr u mehr als zehn Freilichtbühnen im deutschsprachigen Raum. Stars wie Pierre Brice, Alexander Klaws, Gojko Mitic, Wayne Carpendale oder Claus Wilcke hauchten Karl Mays Figuren in zahlreichen Bühnenfassungen Leben ein. Winnetou zum Anfassen – das begeisterte das Publikum allerdings schon lange, bevor Karl Mays Apachenhäuptling erstmals über die Freilichtbühnen ritt. So reicht die Bühnengeschichte zurück bis zu Karl Mays Lebzeiten – und Winnetou & Co. waren bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Dauerbrenner auch in Theatern (mit Akteuren wie Will Quadflieg, Hans Otto und Paul Klinger) quer durch den deutschsprachigen Raum.
Dem Phänomen der zahlreichen Karl-May-Inszenierungen widmet sich die auf drei Bände ausgelegte Buchreihe „Karl May auf der Bühne“. Band 1 behandelt unter anderem die Erfolge von Rathen vor und während des Zweiten Weltkriegs, die Story der Karl-May-Spiele Bad Segeberg und die Geschichte der Karl-May-Stücke auf der Naturbühne Blauer See in Ratingen, wo über Jahrzehnte die Karl-May-Festspiele Elspe gastierten. Kapitel zu frühen Dramatisierungen in den 1930er- und 1940er Jahren sowie über zahlreiche weitere Festspiele, die bis zum Beginn der Karl-May-Filmwelle der 1960er-Jahre entstanden, runden diesen Band ab.
Hörspiegel-Meinung
Michael Brinkschulte
Story/Inhalt
10,0
Atmosphäre
10,0
Aufmachung
10,0
Gesamtwertung
10,0
Im Großformat 21,0 cm x 29,7 cm kommt der erste Band der als Trilogie angelegten Betrachtung der Werke Karl Mays auf den unterschiedlichen Bühnen daher. Auf 400 Seiten mit vielen Fotos, Plakatabbildungen sowie anderen Einblicken in Briefe, Verträge und mehr, widmet sich dieser Band in mehreren Kapiteln der Geschichte von Karl Mays Stoffen als Umsetzung in Theaterhäusern und auf Freilichtbühnen.
Nach einem einleitenden Vorwort von Nicolas Finke und Reinhard Marheinecke und einer darauf folgenden Namen aufzählenden Danksagung startet das Buch mit dem Kapitel „Inszenierungen an Theaterhäusern (Teil 1: Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland bis 1945)“, dem eine ausführliche Einleitung zur Entstehung von Bühnenfassungen, Problemen und auch Parodien vorangestellt ist. Es folgen mit vielfältigem Bildmaterial gestützte zeitlich chronologisch angeordnete Betrachtungen Inszenierungen von Orten wie Kötzschenbroda 1908 über Großstädte wie München, Berlin Hamburg in verschiedenen Jahren bis Heilbronn 1942. Insgesamt sind über 40 Aufführungen verzeichnet.
Das nächste Kapitel geht auf „Geplante Karl-May-Bühnenprojekte (Teil 1: Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland bis 1945)“ ein. Dabei kommen ab 1929 in Berlin bis 1943 in Dresden 16 nicht umgesetzte aber geplante Inszenierungen in das Blickfeld. Anfragen beim Verlag bezüglich der Rechte für mögliche Aufführungen sowie u.a. durch den Krieg bedingte Absagen geplanter Bühnenstücke, werden benannt.
Im dritten Kapitel „Karl May auf der Freilichtbühne (Teil 1: Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland bis zum Beginn der 1960er-Jahre)“ zeichnet die Geschichte der Freilichtbühnen-Inszenierungen ab 1930 nach. Sieben Inszenierungen vor 1945 und weitere 20 bis 1961 sind hier verzeichnet, beschrieben und werden mit ausdrucksstarkem Bildmaterial belegt. Interessant erweisen sich dabei immer wieder die Fotos der unterschiedlichen Protagonisten, die mal mehr mal weniger den Beschreibungen Karl Mays entsprechen.
Es folgt ein weiteres Kapitel mit geplanten aber nicht umgesetzten Aufführungen, deren Vorplanung unterschiedliche Planungsstadien aufweisen.
Das nächste Kapitel widmet sich „Winnetou im Zeichen von Nationalsozialismus und Kriegsrethorik“ und den mehrjährigen Aufführungen im Elbsandsteingebirge in Rathen. Dabei wird auch ein kritischer Blick auf die „Ideologische Instrumentalisierung“ geworfen.
Die letzten Kapitel des Buches widmen sich den Aufführungen am Blauen See in Ratingen 1949-1994 und in Bad Segeberg ab 1952. Die Aufführungen in Ratingen, wo über mehrere Jahre die Karl-May-Festspiele aus Elspe erfolgreiche Gastspiele auf die Bühne brachten, und auch die in Bad Segeberg bringen Pierre Brice in seiner bekanntesten Rolle zurück. Darüber hinaus sind viele weitere bekannte Schauspieler in den Bad Segeberger Inszenierungen zu sehen, deren Szenenfotos im Buch zu sehen sind.
Die abschließende Interviewrunde zu den Freilichtbühnen Bad Segeberg und Burgfrieden runden das Buch ab.
Mit dieser 400 Seiten starken Retrospektive bekommen Karl-May-Fans einen umfassenden Einblick in die Inszenierungen bis 1961, sowie konkrete Betrachtungen erfolgreicher Bühnen und besonders der in Bad Segeberg bis heute. Bemerkenswert ist und bleibt, dass die Umsetzung von Karl May Stoffen sich weitgehend auf Stücke um Winnetou dreht und die Stoffe des Orientzyklus und andere Themen nur einen geringen Anteil haben.
Trotz der umfassenden Darstellung dieses Bandes wird deutlich, dass mit dieser Vielfalt noch lange nicht alle Bühnen und Inszenierungen im Blickfeld waren, sodass man gespannt auf die kommenden beiden Bände schaut. Die Ankündigung des Band II mit Verweis auf „Die Elspe-Story und Winnetou & Co. auf weiteren Bühnen im deutschsprachigen Raum, von Ruhrgebiet über Süddeutschland bis Österreich“ sowie des Band III mit „… Karl-May-Bühnen in der DDR bzw. Ostdeutschland – darunter vor allem die Felsenbühne Rathen und Bischofswerda – sowie Hallenspektakel und Tourneeproduktionen“ lässt einiges erwarten.