Sanctitude Hot
Hörspiegel-Meinung
Knapp ein Jahr nach der „Unplugged & Reworked Tour 2014“, mit der Katatonia erstmals einen Auszug ihrer Diskografie als Akustik-Set auf Europas Bühnen brachten, erscheint nun der Live-Mitschnitt des Konzerts vom 16. Mai 2014 in der Londoner Union Chapel.
Angesichts der Besonderheit dieser exklusiven Tour, die eben nicht wie zunächst erwartet nur Stücke des vorausgegangenen „Dethroned & Uncrowned“ Albums umfasste, sondern für die auch Songs älterer Alben und diverse Live-Favoriten in ein völlig neues Gewand gesteckt wurden, wäre es geradezu kriminell gewesen keine DVD dazu herauszubringen – und das für die Aufnahmen der beeindruckendste der zehn Spielorte gewählt wurde, scheint nur fair.
Mit einem einfachen, schmucklosen Filmmitschnitt hätte man also schon die Herzen aller Katatonia-Freunde höher schlagen lassen können, doch damit geben sich die sympathischen Schweden nicht zufrieden und bieten ihren Fans den 80-minütigen Konzertfilm, eine 66-minütige Dokumentation (eigentlich ein Interview, aber dazu später mehr) zu den Hintergründen der Tour sowie eine Audioversion des kompletten Konzerts. Die CD+DVD Version kommt dabei im eleganten 24-seitigen Mediabook mit atemberaubenden (Farb-)Fotos der Tour und – natürlich – neuem Artwork von Katatonias Stammdesigner Travis Smith.
Schon die vorab auf diversen Plattformen veröffentlichte Aufnahme von „Day“ versprach ein exquisites Filmvergnügen, das tatsächlich die Stimmung des Konzerts eingefangen zu haben schien und ebenso verhält es sich mit dem gesamten Filmmaterial. Dankbarerweise wurde auf schnelle Schnitte, nervöse Effekte, Texteinblendungen und sonstige Grausamkeiten vieler Konzertfilme verzichtet und das Material so stimmungsvoll arrangiert, dass es sich anfühlt als sei man live dabei und nicht vor der heimischen Glotze. Weiche Übergänge zwischen den verschiedenen Kameraeinstellungen, eine leichte Reduktion der Farbsättigung und kristallklarer Sound bringen die Atmosphäre des Konzerts authentisch rüber und machen den Film zu dem besten Andenken, das es an diese Tour geben kann.
Doch nicht nur visuell handelt es sich hier um einen Genuss, sondern auch klanglich und das liegt zum Teil an der faszinierenden Akustik der Kapelle, die der bereits musikalisch sehr rohen Darbietung der Stücke etwas noch zerbrechlicheres und reineres verleiht. Umso schöner, dass man es geschafft hat, das genau so einzufangen.
Für unterwegs oder wenn man mal die Augen schließen möchte gibt es also die Audioversion, die sich mit dem Film deckt und auch alle Ansagen beinhaltet.
Nun zu dem netten Extra, der 66-minütigen Dokumentation: Hier beantworten Jonas Renkse und Anders Nyström Fragen rund um das Zustandekommen der Tour, den kürzlichen Line-Up Wechsel und die musikalische Zukunft der Band. Zwischendurch werden einige Szenen des Konzerttags gezeigt, in erster Linie sieht man aber die beiden Gründungsmitglieder... mit absichtlichen Interlace-Streifen.
„Sanctitude“ lässt weder visuell noch auditiv Wünsche übrig und bringt den Zauber dieses einmaligen Konzerts in die Wohnzimmer der Welt – zu all jenen, die nicht dabei sein konnten und zu denen, die ihren unvergesslichen Abend verewigt wissen wollen.
Einen Punkt Abzug gibt es für die nervigen Effektspielereien in der Dokumentation. Das ist wirklich Meckern auf allerhöchstem Niveau!