The Unraveling Hot
Musik
Hörspiegel-Meinung
Zwei Jahre ist es bereits her, dass DIR EN GREY – die in Deutschland u.a. bei Rock am Ring und Wacken Open Air für Furore sorgten – ihr letztes Album „Dum Spiro Spero“ auf den Markt brachten.
Ihr neues Minialbum „The Unraveling“ erschien zeitgleich mit der japanischen Veröffentlichung digital in Europa. Sieben neue Stücke sind enthalten und die in Kürze folgende physische EU-Version soll vier weitere Lieder beinhalten. So weit so gut.
Moment mal. Neu? Kenner der japanischen Extrem-Metalband werden in der Titelliste nur ein neues Stück entdecken, nämlich den Namensgeber „Unraveling“. Hinter den sechs anderen Titeln verstecken sich Neuaufnahmen diverser Stücke von vor 2005. Mit Ausnahme von „Karma“ und „Unknown.Despair.Lost“ aus dem Jahre 1998 sind die Stücke bereits auf älteren Alben erschienen.
Immerhin zeigt der direkte Hörvergleich, dass die Neuaufnahmen anders und besser klingen; die Mühe hat sich also gelohnt!
Die erwählten Stücke verbindet ein gewisser roter Faden und sie fügen sich zu einem angemessenen Portrait der Band, die in keine musikalische Schublade passen will, zusammen.
Los geht es mit der einzigen Neuheit, „Unraveling“, welches direkt durch seinen bombastischen Klang und Bass beeindruckt. In typischer DIR EN GREY Manier verbindet das Stück harmonische Melodien und emotionalen Gesang mit intensiver Gitarrenarbeit und verstörend anmutenden Growls.
Recht fließend geht es in „Karma“ über, ein sehr düsteres, versatiles Stück dessen Death Metaleinflüsse unverkennbar sind. Damit unterscheidet es sich sehr vom nachfolgenden „Kasumi“, welches zu den ruhigeren Stücken des Minialbums gehört und durch klaren Gesang und eingängige Melodien besticht. Eine kleine Atempause bevor es mit „Karasu“ wieder düsterer zur Sache geht und klarer Gesang sich mit Kreischen und schöne Gitarrenmelodien sich mit Geschreddel abwechseln. In diesem Stück werden die progressiven Elemente bei DIR EN GREY recht deutlich.
Es folgt das schwermütige „Bottom Of The Death Valley“, welches langsam, getragen von klarem, emotionalen Gesang, beginnt, dann ein ausgefallenes Gitarrensolo präsentiert und zum Ende hin mit tiefen Growls überrascht. Ebenfalls sehr überraschend und abwechslungsreich ist „Unknown.Despair.Lost“, in welchem Sänger Kyo seine verschiedenen Gesangs- und Schreistile zum Besten gibt und die Gitarrenfraktion mit Klangteppichen und interessanten Melodien zu beeindrucken weiß.
Den Schluss bildet dann, namentlich passend, „The Final“ vom 2005er Album „Withering To Death“. Auch hier klingt die Neuauflage bombastischer und scheint das volle Potential dieses sehr melodiösen und melancholischen endlich auszuschöpfen. Die Instrumente klingen satt und virtuos, der Gesang geht unter die Haut – besser hätte man es nicht machen können.
„The Unraveling“ - eine wirklich gelungene Neuauflage +1, leider aber auch nicht mehr. Die Stücke sind repräsentativ und gut, eignen sich zum Kennenlernen, aber Fans der Band bringt diese Veröffentlichung nicht unbedingt weiter.
Interessant bleibt noch die Frage, mit welchen vier zusätzlichen Stücken die europäische CD-Version locken wird.