Ulrike Meinhof - Mythos und Wirklichkeit

Ulrike Meinhof - Mythos und Wirklichkeit Hot

Nico Steckelberg   31. August 2014  
Ulrike Meinhof - Mythos und Wirklichkeit

Rückentext

Ulrike Meinhof war Journalistin, Mutter zweier Töchter, Mitbegründerin der »Rote-Armee-Fraktion« und eine der meistgesuchten Terroristinnen der BRD. Regina Leßner sprach mit Angehörigen, Arbeitskollegen und Freunden, u.a. mit Meinhofs Tochter Bettina Röhl, ihrer Schwester Wienke Zitzlaff, Stefan Aust, Wolfgang Kraushaar und Marcel Reich-Ranicki. Ihre rückblickenden Aussagen stellt sie neben zeitgenössische Originaltöne und Texte von Ulrike Meinhof – ein kritisches und differenziertes Portrait der streitbaren wie faszinierenden Frau, die eine ganze Republik in Atem hielt.

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
8,0
Atmosphäre 
 
8,0
Sprecher 
 
9,0
Soundtrack 
 
7,0
Aufmachung 
 
7,0
Gesamtwertung 
 
7,8

Es gab wenige Kapitel in der deutschen Nachkriegsgeschichte, die so blutig und Angst erfüllend waren wie die Zeiten des Aufstiegs und Falls der RAF – Rote Armee Fraktion.

Das Feature „Ulrike Meinhof – Mythos und Wirklichkeit“ von Regina Leßner bringt dem Hörer die Persönlichkeit der intellektuell treibenden Kraft hinter der ersten RAF-Generation näher. Dabei kommt ein sehr unterschiedliches Bild zu Tage. Insbesondere die journalistischen Arbeiten Meinhofs vor der eigenen Radikalisierung scheinen gezeichnet von argumentativer Klugheit und sprachlicher Energie. Wie konnte sich aus der studentisch geprägten, außerparlamentarischen Opposition die terroristische Vereinigung RAF entwickeln? Was waren Ulrike Meinhofs Motive? Diese Fragen werden – zentral auf ihre Person gemünzt – von Regina Leßner beleuchtet. Dabei lässt sie viele Zeitzeugen per O-Ton zu Wort kommen, darunter der Journalist und Autor Stefan Aust, der nicht nur als führender Experte zum Thema RAF gilt, sondern selbst auch eine aktive Rolle in der Geschichte um Ulrike Meinhof einnahm. Insbesondere Meinhofs Tochter Bettina Röhl zeichnet ein eher belastendes Bild ihrer Mutter, während Meinhofs Schwester Wienke Zitzlaff zumindest die Beweggründe mit einer gewissen empathischen Haltung nachzuvollziehen versucht, ohne diese zu rechtfertigen.

Interessant ist, dass das Feature unterschiedliche Meinungen zu Ulrike Meinhofs Todesursache wiedergibt. Während Aust der festen Überzeugung ist, Ulrike Meinhof habe sich im Gefängnis Stuttgart-Stammheim selbst getötet, geht Zitzlaff fest davon aus, dass ihre Schwester ermordet worden sei. Undifferenziert ist das Feature auch beim Umgang mit dem „Mythos Meinhof“. Während die meisten O-Ton-Zeitzeugen klarmachen, dass es keinerlei Grund für eine Verherrlichung oder Mystifizierung gebe, schwingt unterbewusst jedoch stets eine gewisse „Superstar“-Aura mit, sei es in zitierten Sätzen oder der manchmal auch unreflektierten geschichtlichen Darstellungen. Das ist zweifelsfrei ungewollt, kommt bei mir als Hörer dennoch so an.

Ob das nun ein gutes oder schlechtes Merkmal für ein politisch-historisches Feature ist, sei einmal dahingestellt. Mir hat es gezeigt, dass die Person Ulrike Meinhof – unabhängig vom Inhalt ihrer Aussagen – die Fähigkeit hatte, Menschen zu erreichen und zu bewegen. Und exakt das spiegelt dieses Feature. Aus meiner Sicht ein legitimer Weg, um mahnend (aber eben nicht mit der Moralpeitsche) aufzuzeigen, wie es eine terroristische Bewegung im Nachkriegsdeutschland geschafft hat, allein durch ihre Führungspersönlichkeiten und deren Sprache Sympathisanten in der Bevölkerung zu finden.
Gleichsam beeindruckend wie beängstigend.

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