Amira Hot
Musik
Hörspiegel-Meinung
Was wären wir ohne die Sendung „Das Supertalent“? Fraglos um einige Kuriositäten ärmer. Dass das Konzept international Erfolg hat, liegt vermutlich an seiner Einfachheit, die hauptsächlich auf ein Element baut: Emotion bis zum Abwinken. Hier werden nicht nur Talente verkauft, sondern vor allem die „Story“ dahinter. Dass Kinder immer Emotionen auslösen, wissen wir spätestens, seit die Kinderwette bei „Wetten, dass…“ bei der Wahl des Wettkönigs wegen der Fairness keine Berücksichtigung finden darf. Aber zurück zum Supertalent, das gibt es nämlich auch in Holland.
Die diesjährige Gewinnerin von „Holland’s Got Talent“ heißt Amira, ist 9 Jahre alt und singt Opern-Arien. Paul Potts in Süß sozusagen. Das Konzept schlägt ein wie eine Bombe: Amira sprengt die niederländischen Longplaycharts und steigt von Null auf Platz 1 ein.
Ist dieser Erfolg gerechtfertigt? Aus Sicht der Macher sicherlich. Und wenn man Amira zuhört, dann klingt das schon nach einer sehr talentierten Sängerin, ganz ohne Zweifel. Ich fühle mich jedoch von der Musik nicht wirklich unterhalten. Es ist die Mischung von Pop-Klassik, die tatsächlich nur aus solchen Formaten entstehen kann. Es gibt genügend erwachsene Sängerinnen, die – neutral betrachtet – ein besseres Ergebnis erzielt hätten, weil es zwangsläufig noch stimmlichen Entwicklungsspielraum bei einer Neunjährigen gibt.
Letztlich ist dieses Album die physisch eingefangene Emotion der Show, die man für sich zu Hause kaufen kann. Das manifestiert sich schon vor dem Hören der Musik, wenn man die CD aufklappt und den handschriftlichen Brief Amiras liest:
„Dear fan, I’m glad that you bought this cd. I save money for poor children to make play grounds for them.“ Und so weiter. Das ist ja auch alles prima und lobenswert. Aber wer dachte, dass er nach Paul Potts Auftritt bei „Britain’s Got Talent“ keine Tränen mehr habe, der darf sich bei Amira auf ein neues Level der Emotionsgeladenheit freuen. Spätestens, wenn Potts-Gefühle mit dem letzten Track der CD wiederaufleben: Amira singt „Nessun Dorma“.
Musikalisch betrachtet – und darum geht es hier – eher im Mittelfeld zu sehen.