Evinta Hot
Musik
Hörspiegel-Meinung
2010 gibt es sie nun seit 20 Jahren – die personifizierte Schwermut im Doom-Metal-Gewand mit dem Namen MY DYING BRIDE. Anlässlich des Jubiläums haben sich die Briten etwas Spezielles für ihre Fans einfallen lassen: Ein epische Doppel-CD mit bekannten Stücken der Band, aber völlig anders interpretiert. „Evinta“.
Mit Hilfe von Keyboarder Johnny Maudling inszeniert die Band ihre melancholischen Songs in ein opulentes, meist klassisch instrumentiertes Gesamtkunstwerk. Die Rolle der Melodieführung und der Gesangsspuren übernimmt dabei die französische Sopran-Sängerin Lucie Roche. MY DYING BRIDE-Sänger Aaron Stainthorpe übernimmt dabei die typischen Sprech-Parts.
Zugegeben: Es ist mitunter sehr verstörend, diese bekannten Songs in so anderer Art zu hören. Ich bin ein großer Freund von orchestraler Instrumentierung, doch „Evinta“ ist dabei so minimalistisch und reduziert, dass die Lieder mitunter seltsam unfertig wirken. Auch die wirren disharmonischen Einsätze reißen den Hörer aus der Schwere der Lieder heraus und katapultieren ihn in einen Zustand der Unklarheit und Desorientierung. Doch sobald bekannte Melodien wieder erklingen, fühlt man sich ein wenig zu Hause.
„Ein wenig“ nur deshalb, weil man nicht genau weiß, woher man die Stücke kennt. Die Lieder haben neue Titel bekommen. Aber irgendwann setzt dann der Aha-Effekt auf jeden Fall ein. Aber: Es ist auf keinen Fall ein Metal-Album. Auch Fans der Band sollten vorher in das Album hinein hören, ob sie den Stil mögen oder nicht.
Was MY DYING BRIDE aus „Evinta“ hätten machen können? Einen Riesen-Tamtam. Einen mächtigen Orchester-Score ihrer besten Doom-Hymnen. Was sie aber tatsächlich daraus gemacht haben: Ein Kunstwerk, das man nie ganz verstehen wird. Und so ist es wie mit jeder Kunst: Sie gefällt oder gefällt nicht.
Mir gefällt es, aber nicht von Anfang an. Es hat gedauert, doch nun kann ich mich in „Evinta“ fallen lassen.