Inni Hot
Hörspiegel-Meinung
Eigentlich ist es ein kleines Wunder, das hier geschieht. In einer Zeit, in der die Schnitte aktueller Kinofilme genauso stakkatohaft gesetzt sind wie die von Werbe- und Musikvideos. Wo es darauf ankommt, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen, und in der Multitasking ein Muss ist um die erforderliche Geschwindigkeit des Arbeitstags beizubehalten. Mitten in diese rasende Zeitlandschaft hinein pflanzen die Isländer Jón Þór „Jónsi“ Birgisson, Georg „Goggi“ Hólm, Orri Páll Dýrason und Kjartan „Kjarri“ Sveinsson einen Keim der Besinnung.
Und gerade dieses stille, ästhetische Kontra gegen jegliche zwanghafte Beschleunigung macht einen kleinen Teil des Zaubers von Sigur Rós aus. Der weitaus größere Teil des Zaubers ist – wie bei jeder Form der Magie – mit Worten nicht zu beschreiben. Denn wie auch immer man die Musik bezeichnen mag – als Postrock, Shoegazer, Ambient… all das passt nicht. Sigur Rós‘ Musik ist eine wohlig sanfte Herberge für die Seele. Und es ist mir nahezu unbegreiflich, wie man das mit einem vergleichsweise dezenten Instrumenteneinsatz so gut hinbekommt. Normalerweise mag ich keine allzu langen Wiederholungsschleifen in Songs, hier ziehen sie mich förmlich in ihr Zentrum hinein, ohne dass ich etwas dagegen tun kann.
Dass das Ganze auch Live hervorragend funktioniert, beweisen die Isländer auf ihrer aktuellen Veröffentlichung „Inni“. Das Paket besteht aus zwei Audio-CDs und einer Konzert-DVD/Live-Dokumentation (welche mir leider zu Rezensionszwecken nicht vorliegt). Daher bezieht sich die Bewertung ausschließlich auf das Gehörte. Und das ist voll von kleinen, atmosphärischen Wundern.