Darkside Hot

Dass die Musik von Pink Floyd oftmals einen philosophischen Charakter hat, dürfte hinlänglich bekannt sein. Wie gut sich jedoch Pink Floyds Musik als Hörspiel-Score eignet, das hätte ich nicht vermutet. Nun ja, eigentlich ist es weniger ein Score als vielmehr ein Gleichgewicht zwischen Musik und Story. Und für diese Story zeichnet der bekannte Drehbuchautor Tom Stoppard (u. a. „Brazil“, „Shakespeare in Love“, „Parade’s End“) verantwortlich.

Es ist eine Geschichte, die mich ein wenig an „Sophies Welt“ erinnert. Der Hörer taucht ein in eine Welt, die aus Gedankenexperimenten besteht. Da gibt es zum Beispiel diese comic-artige Szene, in der ein Zug voller Menschen in eine Katastrophe zu rauschen droht. Doch dann kommt „Ethics Man“ („Moral-Mann“) und lenkt den Zug um auf ein anderes Gleis. Dort liegt leider ein kleiner Junge. Diese Situation wird dann im Ethik-Kurs besprochen. Während die einhellige Meinung herrscht, dass Ethics Man getan habe, was getan werden musste und sein moralisch-philosophisches Konzept analysiert wird, träumt sich die Studentin Emily weg in diese Welt, in der sie Ethik am eigenen Leib spürt. Zusammen mit dem toten, überfahrenen Jungen macht sie sich auf den Weg zur Selbsterkenntnis, der gepflastert ist mit Konfliktsituationen und Gedankenexperimenten. Mehr als einmal hören wir den Satz: „Es gibt kein (…), das hier ist ein Gedankenexperiment.“

Es ist nicht leicht zu erklären, was in diesem Hörspiel eigentlich alles passiert, aber wenn man sich zusammen mit Emily auf die Reise begibt, dann ist alles im Fluss, und ja, man kann tatsächlich zu einer anderen Sicht der Dinge gelangen. Die wichtigste Erkenntnis ist sicherlich, das jede Entscheidung verschiedene Seiten hat. Es gibt eben immer eine „Darkside“.

Tom Stoppards Original-Hörspielskript wurde unter der Regie von James Robinson produziert und im englischen Original durch die BBC vertrieben. Da es auch für den internationalen Markt bestimmt ist, gibt es zusätzlich zur Audio-CD eine zweite CD-ROM, die das Hörspielskript in zahlreichen Übersetzungen bereithält. Spitze!
Die Aufmachung ist großartig! Weniger eine CD-Packung, eher ein dünnes Hardcover-Buch mit CD-Einlage vorn und hinten. Das Coverbild von Aardman Animations gliedert sich sehr harmonisch in den Pink Floyd-Kontext ein. Stoppards Script ist auf über 50 Seiten abgedruckt. Das geht nicht besser.

Nur eine Sache hat mir den Hörgenuss vermiest: Die Audio-CD hat nur einen einzigen Track, was den Wiedereinstieg nach einer Hörpause immer mit einem Vorspul-Marathon beginnen lässt.

Pink Floyd-Fans und Philosophie-Interessierte sollten hier unbedingt zuschlagen, denn Text und Musik zusammen ergeben in dieser Liaison einen überaus intensiven „Brainfuck“.