DIE HÖRSPIEL 2010: Der Messebericht aus Hamburg

DIE HÖRSPIEL 2010: Der Messebericht aus Hamburg Hot

Nico Steckelberg   20. Juni 2010  
DIE HÖRSPIEL 2010: Der Messebericht aus Hamburg

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19. Juni 2010

Hörspiegel-Bericht

Messebericht „Die Hörspiel 2010“

Unter dem Motto „Das Geheimnis der Kassettenkinder“ geht die größte Hörspielmesse Deutschlands anno 2010 ins Rennen. Am heutigen Samstag, den 19.06.2010, finden sich auch dementsprechend viele Freunde des Mediums „Hörspiel“ in der Hamburger Markthalle ein. Irgendwo mitten unter ihnen auch Michael Brinkschulte und Nico Steckelberg vom Hörspiegel.

Die Eventlocation ist bekannt für ihre Live-Konzerte. Es gibt ein größeres Foyer mit Bar im Zentrum. Hier haben die meisten Aussteller ihre Informations- und Verkaufsstände aufgebaut. Geradeaus findet man den Großen Saal mit der größeren Bühne und vielen Sitzplätzen für die Zuschauer und –hörer. Dies ist die Hauptbühne für die zahlreichen Live-Hörspiel-Snippets, die von namhaften Sprechern umgesetzt werden. Links vom Foyer ist das „MarX“, ein kleinerer Konzertraum, der vollständig als Ausstellungsraum genutzt wird. Auch die Bühne ist mit zwei Ausstellern belegt. Zudem befindet sich hier eine weitere Bar und der VIH (Very Important Hörspieler)-Bereich. Am Eingang zum Foyer, rechts treppauf, geht es zum so genannten Kunstraum. Hier befindet sich die kleine Bühne der Messe, auf der Interviews und Features gebracht werden.

Der erste wahrnehmbare Eindruck: Ist das voll! Das Foyer ist gefüllt mit Hörspiel-Fans, hier und da erkennt man Sprecher, Regisseure, Produzenten, Schauspieler oder Redakteure von Fachmagazinen. Sich einen Überblick zu verschaffen fällt nicht ganz leicht. Zwar sind die Programmpunkte überall gut sichtbar angezeigt, aber es ein Standverzeichnis hätten wir uns gewünscht. Also: Auf ins Getümmel und einfach mal gucken!

Im Foyer fallen als erstes Europa und der Stand der Hörspielgemeinschaft ins Auge. Am Europa-Stand werden die neuen Drei ???-Toaster vertrieben, und die Hörspielgemeinschaft lädt ein zum Sprecherwettbewerb. Zudem werden auf dem großen Transparent die Unterschriften der Hörspiel-Prominenz gesammelt.
Am Stand von Oetinger Audio wird das neue Hörbuch „Reckless“ von „Tintenherz“-Schöpferin Cornelia Funke beworben. Eichborn und Tacheles bieten einen Überblick über ihr aktuelles Programm, und auch HeadRoom haben zum 10-jährigen Jubiläum einen Stand auf der Hörspiel. Der Verlag begeisterte uns in der Vergangenheit mit der Serie „Abenteuer & Wissen“, die durch ihre Mischung aus wissenschaftlichen Fakten, abenteuerlichen Berichten, O-Tönen im Reportage-Stil und inszenierter Lesung zu punkten wusste.

Am rundum gelungenen Stand des Hörspiel-Awards begrüßen uns Chrizzz und Lillebror, DIE beiden Hörspieler schlechthin (Hoerspiele.de und Hoerspiel-Award.de) und präsentieren stolz den Award-Messesampler. Auf dem Sampler gibt es jede Menge Trailer, Ausschnitte und Sounds von Award-Prämierten Serien. Darunter rares Material. So ist es Lillebror z.B. gelungen, einen exklusiven Trailer von „Macabros – Folge 4“ für den Sampler zu ergattern. Und auch Carsten Bohn und sein Bandstand ließen es sich nicht nehmen, den ursprünglichen Drei ???-Soundtrack als Opener-Track für die Hörspiel-Award-CD beizusteuern. Kein Wunder, dass die Gratis-CD wegging wie warme Semmeln! Sie wird mit Sicherheit schon bald zu einem raren Sammlerstück werden.
Doch der Hörspiel-Award trumpft darüber hinaus mit drei hochkarätigen Autogrammstunden auf. Drei-???-Komponist der ersten Stunde Carsten Bohn, Sprecherlegende Konrad Halver und der Erfolgsproduzent Volker Sassenberg („Point Whitmark“, „Gabriel Burns“) stehen für die zahlreichen Autogrammwünsche und Fragen der Fans gern zur Verfügung.

Gegenüber des Hörspiel-Award-Standes zieht der Hörplanet seine Runden durch den Hörspiel-Orbit. Die Macher Dennis Rohling und Michael Eickhorst präsentieren stolz ihre neue Serie „Ordensschwester Amélie“, eine Krimiserie, die eher in die Richtung „Lady Bedfort“ geht, allerdings in Frankreich spielt. Ganz besonders interessant für Fans: Die Hauptrolle spricht Sarah Riedel, die Tochter von Jan Tenner und Laura (Lutz Riedel und Marianne Groß). Auch ihre Mutter hat eine feste Rolle in der neuen Krimireihe. Unser erster Eindruck: Eine charmante neue Figur und eine Serie, die dank guter Atmosphäre und tollen Sprechern Gefallen finden wird! Rechtzeitig zur Veröffentlichung am 25.06. verlost der Hörspiegel übrigens drei Mal die erste Folge „Spurlos verschwunden“!

Neben dem Hörplaneten befinden sich Horst Kurth und seine Hörfabrik. Das inzwischen sehr umfangreiche Sortiment an Grusel-, Horror- und Splatterhörspielen ist beeindruckend. Am Hörfabrik-Stand treffen wir auch Markus Topf, den Chef der Audiowerkstatt Köln. Nachdem seine neueste Serie „Freelancer“ leider nicht mehr fortgeführt werden kann, gibt es aber dennoch zumindest ein Wiedersehen mit dem Serienhelden Leon Kramer. Denn auf der Hörfabrik-Shortstory-Sammlung „Kurzarbeit: Horror-Häuser“ befindet sich eine exklusive Leon-Kramer-Geschichte („Das Todesultimatum“). „Der Zeitplan für die Veröffentlichung war enorm knapp“, berichtet Markus Topf lächelnd. Aber der Stress hat sich gelohnt, denn pünktlich zur Hörspiel ist die neue „Kurzarbeit“ fertig! Außerdem macht Markus Topf uns Mut, dass die bereits aufgenommene Pilotfolge der Serie „Chronos“ vielleicht doch nicht ganz verloren ist, sondern eventuell in nicht allzu ferner Zukunft das Licht der Welt erblicken könnte. Wir hoffen und sind gespannt!

Wie im letzten Jahr ist auch die Hamburgische Bürgerschaft mit einem Stand vertreten. Wer sich jetzt fragt, was die Bürgerschaft auf einer Hörspiel-Veranstaltung sucht, dem sei versichert: Sie ist dort genau richtig! Denn inzwischen ist das dritte Hörspiel der „Alster-Detektive“ erschienen, das erstmalig auf der diesjährigen Messe erhältlich ist. Die Bürgerschaft hat sich auf die Fahnen geschrieben die Kinder und Jugendlichen der Stadt an die Arbeit der Abgeordneten im Parlament heranzuführen. Die in Kooperation mit der Lauscherlounge produzierten Hörspiele, die auch auf die Stimmen der Drei ??? zurückgreifen, werden kostenlos verteilt. Über diese Heranführung an Politik durch Hörspiele hat die Hamburgische Bürgerschaft natürlich noch weiteres Informations-Material zu bieten.

Um ins MarX zu gelangen, führt kein Weg an HörbucHHamburg vorbei. Hier gibt es eine Autogrammstunde mit der bezaubernden deutschen Stimme der „Bella“ aus der Twilight-Reihe, Annina Braunmiller, im Rahmen der Veröffentlichung des neuen „Bis(s)...“-Hörbuches. Im Inneren des MarX-Bereichs der Markthalle befindet sich auf der kleinen Bühne der Messestand von Folgenreich, zusammen mit dem HörBücher-Magazin. Direkt darunter der Maritim-Stand, an dem Dietmar Wunder Autogramme gibt. Wunder ist u. a. die deutsche Stimme von Daniel Craig alias James Bond 007 und ein gefragter Hörspiel- und Hörbuchinterpret (z.B. „Offenbarung 23“).

Bei der Psychothriller GmbH treffen wir auf Ivar Leon Menger und Raimon Weber. Mengers eigenes Hörbuchlabel veröffentlicht mit „Ivar Leon Mengers Darkside Park“ eine der schaurigsten Kurzgeschichtensammlungen auf dem Hörbuchmarkt. Und nicht nur dort: Denn der Darkside Park erobert nun auch die Buchläden in gedruckter Form. Eine gekonnte Mischung aus Stephen King, Clive Barker und H. P. Lovecraft. Raimon Weber ist einer der neuen Co-Autoren der Serie und setzte sich selbst als Schreiber der frühen Folgen von „Point Whitmark“ und „Gabriel Burns“ ein Denkmal in der Hörspielgemeinde. Wir sind gespannt, wie sein Beitrag zum Darkside Park aussehen wird und wie die Serie enden wird. Nichts neues hingegen zu „Der Prinzessin 2“ und der Fortsetzung von „Dodo“ – diese bereits abgeschlossenen Produktionen befänden sich gemäß Menger derzeit in der Pipeline der Lauscherlounge. Deren Stand befindet sich ebenfalls, ein paar Meter weiter, im Nadelör des MarX.

Rechts neben der Lauscherlounge hat der Argon-Verlag eine kleine Ausstellungs-Ecke ergattert, die leider maximal von 2 Besuchern gleichzeitig eingesehen werden kann, so eng ist es hier. Links der Lauscherlounge findet man die Jungs von Marctropolis mit ihrer Serie „Schrei der Angst“, einem schauderhaften Mix aus „Sieben“ und „Saw“. Hier gibt es übrigens auch die provokanten T-Shirts mit dem Aufdruck „180 Kilo... ist das zu dünn?“ Klar, denn in der Schocker-Serie geht es um einen perversen „Feeder“.

Am Lausch-Stand gibt Bestsellerautor Kai Meyer eine Autogrammstunde. Wird es wohl künftig eine Zusammenarbeit zwischen Lausch und Meyer geben? Wer weiß? Im September jedenfalls erscheint Kai Meyers zweiter Arkadien-Band „Arkadien brennt“. Er verrät schon jetzt einige spannende Details aus seinem zweiten Roman um die Mafia-Erben und Gestaltwandler Rosa Alcantara und Alessandro Carnevare: „Es geht diesmal noch stärker in Rosas Vergangenheit hinein. Sie fliegt nach New York um dort mit ihrer Mutter über ihren Vater zu reden. Es wird sich herausstellen, dass sie die Personen kennt, die sie damals vergewaltigt hatten. Und es gibt sogar ein Verdachtsmoment gegen Alessandro.“ Wir möchten wissen, ob denn weitere Mafia-Clans eingeführt werden. Kai Meyer verneint. „Die bestehenden Charaktere werden weiter ausgebaut, die Beziehungen und Motive unterstrichen. Es gibt auch zwei größere Action-Szenen, im ersten Drittel eine Menschenjagd quer durch den Central Park. Und dann natürlich das Finale!“ Aber das bleibt selbstverständlich noch ein großes Geheimnis, bis „Arkadien brennt“ im September bei Carlsen erscheint.

Zurück im Foyer läuft uns David Holy über den Weg, der uns stolz eine Proben-CD seines neuen Mammut-Hörspiels „Die letzten Helden“ überreicht. Unter der Regie von Björn Korthof vom Hörspiellabel Hearoic („Masters of the Universe: Eine Falle für He-Man“) treten mehr als 300 Sprecherinnen und Sprecher zu einem Fantasy-Epos mit einer Gesamtlaufzeit von über 30 Stunden an. Man darf sehr gespannt sein!

Wer seine persönliche Hörspielsammlung vervollständigen möchte, für den gibt es auf der Hörspiel 2010 übrigens drei Möglichkeiten: Die neueren Produktionen gibt es natürlich direkt an den Infoständen der verschiedenen Labels zu kaufen. Im großen Pop.de-Shop im Foyer mit zahlreichen Schnäppchen und einigen wenigen Sammlerstücken auf Kassette, die ebenfalls feilgeboten werden. Für Hardcore-Sammler gibt es einen Gebraucht-Kassetten-Shop mit echten Raritäten, angesiedelt im oben gelegenen Kunstraum der Markthalle. Und beim Durchstöbern kann man auch gleich dem Geschehen auf der kleinen Bühne lauschen.

Hier gibt es zum Beispiel Gespräche u. a. mit Sascha Draeger zum Thema „Kinderstars“. Draeger ist bekannt als die langjährige Stimme von „Tarzan / Tim“ von TKKG. Er erzählt davon, wie er und seine Schwester Kerstin früher von ihrem Vater Wolfgang (alias „Kommissar Glockner“ von TKKG) ins Tonstudio mitgenommen wurden. Und auch die nächste Generation Draegers ist zugegen, Stefans Neffen und Nichten.

Mit Ohrigami – Letzter Tanz im Variete – betreten vier Sprecher und das „Trio-Noir“ gegen 12:30 Uhr die große Bühne und bringen dem Publikum eine Mischung aus Krimi und Komik in Hörform entgegen. Diese Mischung wird seitens der Zuschauer mit Applaus und nach oben gereckten Mundwinkeln kommentiert.

Um 13:15 Uhr entert die Crew von LAUSCH die große Bühne, um mit Tobias Meister, Annabelle Krieg, Bernd Hölscher, Philipp Otto und weiteren Sprechern Auszüge aus Drizzt 13 auf die Bühne zu bringen. Alle sind in stimmlicher Bestform und werden von lautstarken Trommeln unterstützt. Die Zuschauer bekommen eine gelungene Performance zu sehen und natürlich zu hören, die den qualitativen Stellenwert der Hörspielserie unterstreicht.

Ein weiteres Hörspiel, das sich auf der großen Bühne wiederfindet, ist Tony Ballard. Dessen Sprecher Torsten Sense, Tilo Schmitz, Katja Brügger und Joschi Hajek performen gemeinsam mit Janet Sunjic von LAUSCH Ausschnitte aus der neuen Folge der Reihe und geben dem Hörer/Zuschauer einen Einblick in die Arbeit der Sprecher. Diese bekommen sich, wie sich im Gespräch herausstellte, normalerweise eher selten bis gar nicht zu Gesicht, wenn sie die Folgen einspielen, da die Rollen einzeln aufgenommen und anschließend zusammengemischt („ge-x-t“) werden. Das Gespräch der Sprecher untereinander sorgt für einige humoristische Einlagen, die von der dunklen Stimmung der Hörspielserie klar ablenkt.

Gegen 15:00 Uhr treffen sich auf der kleinen Bühne die Schauspielerin und Sängerin Jasmin Wagner, die Bestsellerautoren Kai Meyer und Markus Heitz sowie – als Ersatz für die eingeplante Alexandra Kamp – Leo von der Popstars-Band Queensberry. Unter dem Motto „Ich kann ohne Hörspiele nicht leben“ wird diskutiert und aus dem Nähkästchen geplaudert. Das Quartett antwortet auf die gezielten Fragen von Moderator Günter Merlau. Dieser versteht es bestens Informationen aus den Gästen hervorzulocken. Dabei kommt beispielsweise ans Licht, dass Günter Merlau schon vor einigen Jahren Markus Heitz‘ „Die Zwerge“ hatte vertonen wollen. Doch was nicht ist, kann noch werden, denn Heitz und Hörspiellabel LAUSCH arbeiten an einer Hörspiel-Kooperation im Herbst. Leider ist die Tonqualität in der kleinen Halle nur bedingt gut. Teilweise sehr leise ausgesteuert können die Zuschauer in den hinteren Reihen nicht alles verstehen, was auf der Bühne gesagt wird.

Unter dem Titel „Hollywood spricht (wieder)“ treffen gegen 15:30 Uhr unter anderem Tobias Meister, Tilo Schmitz und Dietmar Wunder mit dem Radio Hamburg-Moderator John Ment zusammen. Dieser versucht aus den anwesenden Sprechern Informationen herauszukitzeln, wie zum Beispiel die Stimme zum Hollywoodstar kommt und warum die einzelnen Sprecher zu ihrem Job gekommen sind. Humorvoll wird darauf geantwortet und vor allem Tilo Schmitz lässt die zum Teil etwas flachen Fragestellungen durch passende Kommentare in einem humorvollen Licht erstrahlen. Das Publikum ist von seiner Art sichtlich begeistert. Als dann noch die Aufgabe lautet, bekannte Hollywoodfiguren mit ihren deutschen Stimmen über das 0:1 der deutschen Nationalmannschaft bei der WM zu diskutieren, meint man fast schon einer Comedyshow zuzuschauen.

Im Anschluss an die Hollywood-Größen betritt „Future-Man“ die große Bühne. Autor und Sprecher Robert Schlunze mit Tanja Dohnse und Robert Missler reisen in die Welt des Helden, der das Publikum, das diesmal nicht ganz so zahlreich auf den Rängen gedrängelt erschienen ist, den Innenraum jedoch immer noch gut füllt, begeistert. Am Ende des Live-Hörspiels bekommen die Sprecher donnernden Zuspruch.

Auch das Thema „Hörspielmusik“ wird auf der Messe in den Fokus gerückt. Um 17:15 Uhr stehen Simon Bertling und Christian Hagitte (alias „Stil“) sowie Sascha Peters von Universal Publishing Production Music und Günter Merlau für Fragen auf der kleinen Bühne zur Verfügung. Wie gehen die unterschiedlichen Komponisten vor? Während Günter Merlau Sample-Librarys oder Synthesizer bevorzugt und am Keyboard komponiert, arbeiten Stil eher mit echten Orchestren und Chören. „Das ist alles eine Frage des Budgets und der persönlichen Vorlieben“. So bietet der Universal-Musikpool auch bereits viele fertige Stücke, deren Rechte sich Hörspielmacher sichern können und somit in die eigenen Produktionen einbinden können. Eines ist klar: Es gibt kein richtig oder falsch, Hauptsache, das Ergebnis stimmt!

Um 17:45 Uhr sollte auf der großen Bühne das Live-Hörspiel mit Talk um Dorian Hunter beginnen. Aufgrund der vorherigen Verzögerungen im Ablauf beginnt diese Veranstaltung, welche übrigens ebenfalls von Publikum bestens angenommen wird, mit 10 Minuten Verzögerung. Aber das ist zu so fortgeschrittener Stunde ein mehr als akzeptabler Verzug. Das Publikum bekommt nach überstandener Wartezeit etwas geboten, was so noch nicht auf der Bühne war. Einblicke in den noch nicht erschienenen 11. Teil der Serie werden nicht nur auditiv, sondern auch visuell geboten. Dorian Hunter-Sprecher Thomas Schmuckert sitzt in einer Zwangsjacke auf der Bühne und wird in einer der gezeigten Szenen auf der Bühne von Marco Göllner (in der Rolle eines irren Pflegers) mit Joghurt gefüttert. Ein grandioser Anblick, insbesondere da Schmuckert irgendwann einfach zum „Spuckert“ wird! Das Ergebnis ist auf Göllners Kittel zu begutachten (siehe Foto). Zwischen den einzelnen Szenen werden von Zaubermond-Chef Dennis Erhard und seinen Mitstreitern (darunter auch Ex-Ripper Records-Chef Frank Gustavus) Fragen zu Dorian Hunter beantwortet, die zuvor vom Publikum und von der Homepage eingeholt wurden. Die Beantwortung fällt dabei ebenso kurzweilig aus wie die Spielszenen. Mit viel Applaus geht diese letzte Live-Hörspiel-Veranstaltung des Tages zu Ende, auf die die Verleihung des „Hörspielers des Jahres“ folgt.

Diese bildet gleichzeitig auch das Ende des heutigen Hörspiel-Tages. Leider ist der Publikumsandrang bei der Abschlussveranstaltung nicht besonders groß. Viele Pressevertreter sowie Mitwirkende füllen die Sitzbänke, die Ränge. Und der hintere Bereich, der bei den Live-Hörspielen oft gedrängt voll besetzt war, ist nun weitgehend leer. Der Stimmung tut diese jedoch keinen Abbruch und so wird die durch den Initiator Günter Merlau eingeleitete Veranstaltung mit ausreichendem Applaus begleitet.

Insgesamt sind neun Personen nominiert, von denen anschließend fünf den Hörspieler verliehen bekommen. Zuerst ist Theresia Singer an der Reihe den Preis entgegen zu nehmen. Sie wird für ihr Schaffen als Verlegerin, Produzentin und Regisseurin ausgezeichnet. Freudig überrascht nimmt sie den Preis in Empfang und dankt dem Publikum und der Jury.

Auf den nächsten Preis konnte sich Hörspiellegende Konrad Halver freuen, der als Regisseur und Sprecher seit Jahrzehnten Hörspielgeschichte schreibt und aktuell mit „Dobranski“ erfolgreiche Krimihörspiele darbietet.
Als dritten Preisträger wählte die Jury Leonhard Koppelmann, der mit Radiohörspielen der besonderen Art punkten konnte.

Die beiden letzten Preise gehen an „Hörspielmutter der Nation“ Heikedine Körting, die seit den 70ern Hörspielgeschichte schreibt und für „Die drei ???“, „Fünf Freunde“ oder „TKKG“ verantwortlich ist. Sie ist, wie der letzte Preisträger Bastian Pastewka, nicht anwesend, sondern mit einer Videobotschaft vertreten.

Pastewkas Botschaft fällt, wie es sich für ihn gehört, komödiantisch aus und zieht einige Lacher nach sich.
Zitat Bastian Pastewka: „Ich weiß zwar nicht, warum ausgerechnet ich einen Hörspielpreis bekomme, aber das zeugt ja von der großen Fachkenntnis der Jury!“

Pastewkas Scherz birgt jedoch eine gewisse Wahrheit in sich. Denn warum beispielsweise der erfolgreichste deutsche Mystery-Hörspiel-Produzent Volker Sassenberg zum zweiten Mal in Folge nominiert wurde und von der Jury ebenfalls zum zweiten Mal nicht ausgezeichnet wird, während Pastewka allerhöchstens am Rande mal ein bisschen „hörspielt“, ist für den unbeteiligten Zuschauer nicht ganz nachvollziehbar. Nichts desto trotz freuen sich selbstverständlich die Gewinner, keine Frage!

Mit dem Dank an alle Beteiligten beendet Günter Merlau die Hörspiel 2010 und lässt noch einmal Blumen sprechen. Um 19:45 Uhr verlassen wir die Große Halle. Im Foyer ist schon vieles abgebaut oder gerade im Aufbruch begriffen. Auch Pop.de hat die Pforten geschlossen und räumt zusammen. Letzte Gespräche mit Bekannten und mit neuen Kontakten werden geführt, und dann geht es für uns ab ins Parkhaus, um von dort aus die lange Heimfahrt anzutreten. Ein gelungener Tag neigt sich dem Ende.


Verbesserungsvorschläge für die nächste Hörspiel:

1.) Enge vermeiden:
Eines fällt direkt ins Auge des Betrachters, wenn er die Räumlichkeiten betritt. Die Enge in den Gängen. Sehr nah aneinander stehen die einzelnen Stände, und gerade im Mittelgang ist diese Enge besonders problematisch. Die Breite von knapp über einem Meter lässt den Publikumsverkehr sich entweder stauen, da kaum zwei Personen aneinander vorbei kommen, oder die einzelnen Personen werden weitergeschoben und können nicht mehr an den Ständen verweilen. In Zeiten von Autogrammstunden an den Ständen ist überhaupt kein Durchkommen mehr. Hier zeigt sich die Hörspiel in diesem Jahr von einer nicht ganz so gelungenen Umsetzung. Die im Nebenraum untergebrachten Stände von Folgenreich über LAUSCH, Lauscherlounge bis Argon haben zwar mehr Platz, um vor den Ständen zu stehen, bei Argon fällt jedoch der unglückliche Eckplatz auf, der kaum zu erreichen ist, wenn an den Nebenständen Personen stehen. Auf die Bühne zu Folgenreich trauen sich wenig Leute, was auch durch den Hinweiszettel „Trauen Sie sich ruhig auf die Bühne!“ leider nicht besser wird. Die Durchgänge bei den Ständen und die Übersichtlichkeit des Hühnerpostens als Veranstaltungsort im letzten Jahr vermissen wir schmerzlich, auch wenn es dort an anderer Stelle zu eng war. Das wiederum macht die Markthalle positiv: Die Bühnen-Locations haben sich 2010 klar vergrößert. Sie bieten deutlich mehr Platz, leider eben auf Kosten der Aussteller.

2.) Mehr Kinderunterhaltung bieten:
Für Erwachsene ist die Veranstaltung ein großes Fest, bei dem man trotz Gedränge und Enge viel sehen, hören und erfahren kann. Doch was ist eigentlich mit dem Programm für Kinder? War im letzten Jahr neben einigen anderen Kids-Aktionen Markus Majowski mit einem Kinderhörspiel betraut, das er mit den Kleinen gemeinsam einspielte, fehlte diesmal ein Programm für die Kleinen. Die haben mit entsprechendem Eintritt eigentlich auch ein Anrecht darauf, ihrerseits versorgt zu sein. Die Live-Veranstaltungen mit viel Horror, Grusel, Krimi und manchmal Sex sind weitgehend nicht kindgerecht, die Talkrunden eher uninteressant für die Kleinen. So wundert es nicht, dass Kinder ihre Eltern zum Gehen auffordern.

3.) Barrierefreiheit:
Auf eine behindertengerechte Location achten. Es waren zahlreiche körper- und sehbehinderte Hörspiel-Fans auf der 2010er Hörspiel. Die blinden Fans hatten arge Probleme sich in den engen Gängen zu orientieren. Zudem war es für Rollstuhlfahrer unmöglich ohne fremde Unterstützung die sanitären Anlagen aufzusuchen (eng und verwinkelt). Ob ein Aufzug in den Kunstraum (kleine Bühne) unters Dach führt, war uns nicht ersichtlich.

4.) Bühnensound qualitätssichern:
Gerade der Sound vor der kleinen Bühne ist enorm leise, so dass man im hinteren Bereich nahezu kein Wort verstanden hat. Auf der Hauptbühne war der Mix weitestgehend gut.

Fazit: Trotz einiger organisatorischer Verbesserungsmöglichkeiten war die Hörspiel 2010 wieder ein tolles Treffen für Fans, Freunde, Macher, Verlage, Presswerke, Sprecher, Vertriebe und das Who is Who der Hörspiel-Szene. Ein großes Fest für alle Beteiligten, irgendwo zwischen Expertenforum, Messe, Nerd-Treff und Live-Spaß mit allen schillernden Facetten-, die das Medium Hörspiel zu bieten hat. Wir freuen uns auf 2011!

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