Loveless (Nana Kitade/TAIZO) live in Köln Hot
Alina Jensch
16. April 2011
Hörspiegel-Bericht
Nach ihren Gastspielen auf der Pariser Japan EXPO 2007 und der AnimagiC 2008 in Bonn brachte das Jahr 2011 die japanische Ausnahmekünstlerin Nana Kitade auf eine Tour quer durch Europa und den Mittelmeerraum.Dabei wird die allgemeine Auffassung es handle sich um eine Nana Kitade-Tour der Sache eigentlich nicht gerecht, denn die junge Künstlerin, die 2003 mit dem Fullmetal Alchemist Soundtrack „Kesenai Tsumi“ bekannt wurde, hat ihre Solokarriere mittlerweile beendet und mit dem Gitarristen TAIZO die Band Loveless gegründet.
Die Musik von Loveless erinnert auch nur noch wenig an die punkig, rockigen Songs aus Nanas Anfangstagen und auch optisch hat sich so einiges getan und die verspielt niedliche Gothic Lolita Garderobe, für die die Sängerin bekannt ist, ist größtenteils einem gewissen Stoff-Minimalismus gewichen.
Mit neuen, bis auf zwei Ausnahmen noch unveröffentlichten, Liedern im Gepäck machte das Duo am 13. April also in der Kölner Werkstatt Halt. Für diesen Auftritt hatte man die kleinere der beiden Hallen gewählt und angesichts der 30 bis 40 Besucher die gekommen waren, war das nicht nur angemessen, sondern trug auch zur heimeligen Atmosphäre bei.
Anders als bei vielen anderen Konzerten japanischer Künstler in Deutschland war das Publikum auffallend bunt, denn während einige Damen ihre feinsten Lolita-Kleider hervorgeholt hatten, wirkten andere als sei ihnen japanische Subkultur völlig fremd.
Aber „anders“ sollte der ganze Abend insgesamt werden und so marschierten Frau Kitade, in gestreiftem Korsett und Netzstrümpfen, und TAIZO, elegant im Anzug, ganz unspektakulär an den Fans vorbei auf die Bühne. Jene war liebevoll mit einem Barockstuhl, Kerzenständern und einer Geige dekoriert und bot die perfekte Kulisse für den Auftritt.
Das an eine Spieluhr erinnernde Intro hielt lange an, während sich die beiden Protagonisten des Abends dazu bewegten als befänden sie sich in ihrer ganz eigenen Welt.
Eine eigene Welt, die sie mit dem ersten Song „Himitsu [Geheimnis]“ dann auch dem geneigten Besucher eröffneten. Leise, atmosphärische Klänge erfüllten den Raum und untermalten Nanas zart anmutenden, klaren Gesang. TAIZO, der neben der Gitarre noch das elektronische Setup bediente, hielt sich dezent im Hintergrund und überließ das Bild der zierlichen Sängerin, die sich zur Musik hin und her wog, sich auf den Stuhl setzte oder darauf stieg. Der Auftritt war weniger von Show-offs seitens der Musiker und stattdessen von einer düsteren, geheimnisvollen Atmosphäre geprägt.
Auch vor der Bühne ging es eher ruhig und zurückhaltend zu, bis das Ende des ersten Songs mit Applaus belohnt wurde. Weiter ging es mit den ebenfalls sehr atmosphärischen Stücken „Shinsekai [Neue Welt]“ und „Ageha [Schwalbenschwanz]“, bevor Nana etwas aktiver wurde und ihr bisher eher unschuldig klingender Gesang sich zu einem Quietschen und Jammern verzerrte und sie headbangend über die Bühne taumelte. In „Jabberwocky“ und „Ao“ schien sie dann gänzlich in ihrem (an)klagenden Gesang gefangen, erklomm Monitorboxen und räkelte sich auf dem Boden. Dabei kam sie dem Publikum immer wieder gefährlich nahe und nahm alle Anwesenden mit in die Welt ihrer Songs – auch wenn ihre Performance stellenweise etwas eigentümlich wirkte.
Zeit für eine kurze Ansage in der Nana Loveless vorstellte und nach anfänglichen Schwierigkeiten ein auswendig gelerntes „Ich liebe dich.“ verkündete. Insgesamt gaben sich Loveless als eher wortkarge Band und besonders von TAIZO bekam man abgesehen von der Musik nicht allzu viel mit.
Weiter ging es mit dem rockigen, basslastigen „Hochikisu [Heftklammer]“, bei dem TAIZO alles aus seiner Gitarre herausholte und Nana ungewohnt aufgedreht durch die Gegend hopste, eine Box erklomm und sich sogar ins Publikum begab. Doch auch in diesem Stück blieb die bereits erwähnte düster-geheimnisvolle Atmosphäre bestehen und als Nana zum Ende hin auf dem Stuhl Platz nahm und mit der Geige posierte wurde auch klar, wofür man das Instrument auf der Bühne platziert hatte.
Dass die junge Künstlerin aber noch schriller kann als bisher dargeboten zeigte dann „Aiyoku FREE [Lust FREE]“, in dem sie in ein schwarz-weißes Megafon hinein sang und kreischte. Von ihrer anfänglichen Unschuld war nichts mehr zu spüren, plötzlich schien es eher unheimlich wie ihr verzerrter Gesang zu dem flotten, gitarrenlastigen Stück durch den Saal vibrierte und sie den Stuhl in die Luft hob.
Es folgte eine männliche Stimme vom Band, bevor Nana für „Name“ wieder Platz nahm und danach – von TAIZOs Gitarrengeklimper begleitet – darüber sprach, wie sehr sie sich freue diese Tour machen zu können.
Im Sitzen ging es dann auch weiter mit dem wieder sehr atmosphärischen „Osanai Namida [Kindliche Träne]“. Nanas Stimme wurde erneut zart und lieblich, getragen von TAIZOs Gitarrenteppich und einem elektronischen Glockenspiel. So wie die Sängerin auf dem Stuhl saß oder später stand und sich zur Musik bewegte, schien sie feenhaft und das umschreibt ihren gesamten Auftritt vermutlich am besten. Die Nana Kitade dieses Abends glich keinesfalls einer aufreizenden, provokanten Sängerin, wie man es vielleicht von einer elektrolastigen Band aus der Düster-Ecke erwarten würde, sondern einem zarten, wenn auch schrillen, Wesen aus einer völlig anderen Welt.
Schließlich brachte „Snowhell“ den Abend dann mit wesentlich rockigeren und eingängigeren Tönen zum Ende.
Insgesamt hatte man das Set so gewählt, dass es sich aus einer leisen Finsternis heraus zu einem tosenden Sturm zu entwickeln schien, dann abklang und mit einem Knall endete. Genauso vielseitig wie die Songs präsentierte sich die Sängerin, die zwar vom früheren Image einer punkigen Lolita weg scheint, aber noch immer so einiges zu bieten hat. Sang sie eben noch melancholisch mit glasklarer Stimme, so wechselte sie urplötzlich zu einem verführerischen Stöhnen um das Ganze dann mit einem leidvollen Kreischen in ein völlig anderes Licht zu rücken.
Loveless, am Ende zumindest visuell doch mehr Nana Kitade als TAIZO, ist auf jeden Fall eine Band mit hohem Wiedererkennungswert. Vermutlich wird die stellenweise doch recht schrille Musik nicht jedem zusagen, aber ein hoffentlich bald folgendes Album ist mit Spannung zu erwarten!