Frankfurter Buchmesse Teil 2 Hot
Christine Rubel
01. November 2016
Hörspiegel-Bericht
Sonntags morgens um sechs machte ich mich auf den Weg Richtung Frankfurt. Noch mehr oder weniger im Halbschlaf sammelte ich noch drei andere Mädels ein und los ging es Richtung Frankfurt. Da der Rest der Welt noch ausschlief, waren wir kurz vor neun in Frankfurt. Alles gut – bis auf den falschen Shuttlebus, der nicht vor Halle drei, sondern vor Halle 10 hielt. War aber gar nicht schlimm, denn auch dort konnte man ohne Schlange Karten tauschen und völlig stressfrei durch die Kontrollen. Dann auf in den nächsten Bus und schon waren wir vor Halle drei. Nun sollte man auf die Buchmesse mit einem Mindestmaß an Vorbereitung fahren. Also schon vorher nach Verlagen schauen, die Hallen und Stände aufschreiben und bequeme Schuhe tragen. Denn das Angebot ist riesig, und die Besuchermenge groß. Also teilten wir uns direkt auf, um uns in die Menge zu stürzen. Almut stürzte sich auf die Kinderbücher, Monika sammelte Unmengen von Postkarten, Kathrin schaute nach Jugendbüchern und ich nach Hörbüchern. Um es vorweg zu nehmen: Die Stände sind kleiner geworden. Zwar sind Label wie Hörbuch Hamburg noch genauso groß vertreten, doch ansonsten wurde arg geschrumpft. Der Hörverlag hatte sich mit Random House zusammen getan, Audio Media war nur am Gemeinschaftsstand vertreten und Radioropa gar nicht mehr zu finden. Trotz allem war das Angebot mehr als ausreichend. Sonntags ist zwar immer eine Menge los, trotzdem konnte ich die vielversprechenden Neuerscheinungen anschauen.
Der Hörverlag hat mit “Terror” von Ferdinand von Schirach ein Hörbuch herausgebracht, das auch verfilmt und sehr kontrovers diskutiert wurde. Kann man Menschenleben gegeneinander aufwiegen? Und was sagt die rechtliche Grundlage dazu? Gedanken zur Bibel haben sich zahlreiche Autoren gemacht und sich vorgestellt, wie man die Geschichte heutzutage schreiben würde. Herausgekommen ist ein Mammutprojekt mit interessanten Einblicken. Aber auch alte Bekannte kommen neu heraus – Die Jungs von Burg Schreckenstein sind wieder da! Die hatte ich schon damals auf Cassette ….
Random House hat im Krimibereich einiges zu bieten. So lässt Gregor Weber seinen tief gesunkenen Kommissar in Frankfurt ermitteln. Ein knallharter Cop im schlimmsten Bezirk. Charles Hodges dagegen schickt einen rüstigen Rentner ins Rennen, der im Altenheim ermittelt. Witzig und kurzweilig, vielleicht ein bisschen übertrieben, aber gut. Carmen Korn bietet mit dem ersten Teil ihrer Trilogie “Töchter einer neuen Zeit” geballte Frauenpower im letzten Jahrhundert. Überhaupt wird Frauenpower groß geschrieben, auch der Hörverlag lässt bekannte Zeitzeuginnen in “Wir waren voller Hoffnung” zu Wort kommen.
Audio media löst in “AHA! Hubert Filsers großes Hörbuch der Alltagsfragen - Box”nicht nur dringende Fragen auf physikalischer Basis, auch ein Junge mit Hang zur Physik und einem sehr ungewöhnlichen Leben in Antonia Hayes “Die relative Unberechenbarkeit des Glücks” hat sich in die Herzen der Verlagsmitarbeiter geschlichen. Mit “Wir Kassettenkinder” kommen schließlich die Achtziger zurück. Damals, als man die Musik noch vom Radio auf Cassette aufnahm. Aber auch “Die Fotografin” von William Boyd als Frauenportrait einer jungen Wilden und die Genuss-Edition mit Krimis, bei denen man definitiv Lust auf gutes Essen bekommt, mit einer Leiche als Nachtisch, sind im Gepäck.
Hörbuch Hamburg hatte keinen Schwips, aber dafür die “Eierlikörtage” von Hendrik Groen, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Aber auch Neues von alten Bekannten: Nele Neuhaus, die Kluftingers, Nicholas Barreau und Arne Dahl geben sich die Ehre mit ihren neuen Büchern. Aber auch die Geschichte einer Ehe aus zwei Sichten in “Licht und Zorn” von Lauren Groff sowie die Fortsetzung von Hanni Münzers Roman finden sich hier. Und schon wieder holt mich meine Vergangenheit ein: Robbi, Tobi und das Fliewatüt blinzeln mir zu und wecken Erinnerungen.
Beim Argon Verlag wird eine australische Familie in “The Dry” von Jane Harper literarisch umgebracht. Dürre und übermäßige Hitze bringen die Gemüter dort zum Kochen. Unheimlich wird es in “Du hättest gehen sollen” von Daniel Kehlmann. Dort wirft ein Haus dunkle Schatten auf eine Familie. Freuen darf man sich auch auf neue Romane von Volker Kutscher, Dani Atkins und Stephenie Meyer.
Bei Zyx schaue ich immer wieder gerne vorbei, ein kleiner Verlag, der sich mittlerweile hauptsächlich auf Klassiker spezialisiert hat.
Audiobuch setzt ebenfalls auf die Frauenpower. Mit “Frauen bereisen die Welt” gibt es historische Reiseberichte von abenteuerlustigen Damen. Aber auch das literarische Hörspiel “Washington Square” von Henry James und das Hörbuch des letzten Gewinners des deutschen Buchpreises Frank Witzel gibt es zu hören.
GoyaLit bietet nicht nur die Ostfriesenkrimis von Klaus Peter Wolf und eine Neuauflage der magischen Abenteuer des Peter Grant von Ben Aaronovitch, sondern mit “Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen” betritt ein neuer Magier die Bühne. Dabei hat ein sprechender Mops eine tragende Rolle... Aber auch Daniels Specks “Bella Germania” findet sich hier. Eine wunderschöne deutsch-italienische Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Geschichte der Isetta.
Der Audio Verlag wartet unter anderem mit “Das Nest “ auf. Dort drin sitzen vier Kinder, die ein großes Erbe erwartet. Leider wird der Topf geplündert und so müssen sie sich zusammenraufen und sehen, wie sie trotzdem an Geld kommen. Aber auch Aldous Huxley mit seiner “Schönen neuen Welt” taucht wieder auf – und der Koran ist ebenfalls im Programm.
Steinbach Sprechende Bücher hat ebenfalls ein gutes Sortiment zu bieten. Die Katze des Dalai Lama von David Mitchie erzählt von ihrem Leben in Tibet. Mit “Maghena” wird eine afrikanische Sekte verdächtigt, weltweit Raubüberfälle zu verüben. Michel Bussi schreibt über einen Jungen, der in einer Familie lebt, die vielleicht nicht die seine ist, dem aber niemand glaubt. In “Julies Erwachen” findet ein norwegisches Mädchens Anfang des 20. Jahrhunderts seinen eigenen Weg.
Es ist nur eine kleine Auswahl aus der großen Vielfalt, die zum Hören anregen soll.
Nach den Hörbuchständen war die Halle der beiden Gastländer an der Reihe. Doch diese war sehr minimalistisch. Große durchscheinende Leinwände erzeugten die Atmosphäre von Wellen und Strand, im Hintergrund sah man die Bücherreihen erst auf den zweiten Blick. Informationen zum Buchdruck und Vorleseinseln sowie eine Grafikecke ergänzten die Ausstellung.
Zur Buchmesse gehört für mich auch ein Blick in die Kalendergalerie und natürlich ein Zug durch die Belletristik. Einer der Vorteile, Sonntags zu fahren, ist der Buch- und Kalenderkauf. So musste ein riesiger Bildkalender mit und fünf brandneue Krimis. So kam auch der neueste und leider letzte Band von Lucie Flebbes Lila Ziegler Reihe mit. Glücklicherweise hat Lucie Flebbe, die am Stand saß, schon Ideen für ein neues Buch. Auch Jaques Berndorf schreibt an seinem letzten Buch, wie mir am KBV-Stand verraten wurde.
Es gehen einige Reihen zu Ende, aber es gibt so viele hoffnungsvolle Autoren, das der Lese- und Hörstoff sicherlich nicht ausgehen wird. Gegen Ende war die Versuchung, sich einfach in einen Sessel zu setzen und mit einem Buch vor der Nase Messe Messe sein zu lassen, ziemlich groß. Und so sammelte ich meine schwer bepackten und erschöpften Mitfahrerinnen ein und wir machten uns auf den Weg nach Hause - glücklicherweise ohne Stau.