Frankfurter Buchmesse 2016 (Teil 1) Hot
Michael Brinkschulte
25. Oktober 2016
Bericht
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Veranstaltungsdatum
20. Oktober 2016
Hörspiegel-Bericht
Es war wieder soweit. Die Frankfurter Buchmesse hatte die Tore geöffnet und auch ich wollte für den Hörspiegel von dort berichten, die neuesten Veröffentlichungen und Entwicklungen mitbekommen. So kam es dann, dass ich mich entschied am Donnerstag nach Frankfurt aufzubrechen, um einmal mehr die Hallen der Messe zu durchstreifen. Doch wie eigentlich nicht anders zu erwarten, war die Anfahrt wieder einmal das Erlebnis der dritten Art. Zwar war der Weg in Richtung Frankfurt weitgehend frei, aber kurz vor dem Ziel kam dann der Stau. Ausgelöst durch einen LKW-Unfall wurde die dritte Spur der Autobahn gesperrt und der Verkehr staute sich rund zehn Kilometer lang zurück. Dadurch ging es zum Teil im Schritttempo, passagenweise aber auch gar nicht voran. Eine Stunde später als geplant erreichte ich schließlich das Parkhaus am Rebstock, von dem aus es dann per Pendelbus zu den Messehallen ging. Das schlechte Wetter, es regnete und war recht kühl in Frankfurt, trieb die Besucher schnell in die Halle 3 vor der der Bus hielt. Nach einer kurzen Kontrolle des mitgeführten Rucksacks (in diesem Jahr wurden verstärkt Taschenkontrollen durchgeführt, um dem Sicherheitskonzept nachzukommen, das auch durch eine verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften in den Hallen sichtbar wurde), konnte die Halle betreten werden und schon ging es los mit einer Vielzahl von Eindrücken.
Im Bereich der Halle 3.0 schaute ich mich zunächst um und steuerte zunächst einmal ohne konkretes Ziel durch die unzähligen Angebote. Von Buchständen über verschiedenste Bühnen bis hin zu auditiven und visuellen Medien reichte das Spektrum. Ob klassischer Buchverlag oder das in den letzten Jahren verbreitete Prinzip ‚Books on Demand‘, ob Hörbuch oder E-Book, alle Möglichkeiten literarischer Veröffentlichungen wurden in den Hallen präsentiert und fanden von den Besuchern Beachtung.
Während meines Streifzugs durch die Halle landete ich am Stand von Headroom, einem Hörbuchverlag aus Köln, dessen Produktionen wir vom Hörspiegel schon seit Jahren immer wieder rezensieren. Im Gespräch mit Regisseurin und Chefin Theresia Singer bekam ich Einblick in die neuesten Veröffentlichungen von Kli-Kla-Klangbuch über Kommissar Gordon oder dem Advents-Hörbuch ‚Du spinnst wohl!‘ (siehe dazu auch die zugehörige Hörspiegel-Rezension) bis hin zu den neu im Programm aufgenommenen Erwachsenen-Hörbüchern. Frau Singer erklärte mir, dass sich der Verlag für die Zukunft neu und erweitert aufstellt und so dazu über gegangen ist, neben den weitgehend auf Kinder und Jugendliche ausgerichteten Produktionen nun auch die Erwachsenenwelt zu erobern. Hier sind als erste Produktionen der neue Roman von Patricia Cornwell ‚Paranoia‘ oder ‚Die Siedlung der Toten‘ von Max Landorff zu nennen. Letzterer wurde durch seine ‚Regler‘-Thriller bekannt. Eine für mich besonders interessante Veröffentlichung stellt im Zusammenhang mit Erwachsenen-Hörbüchern die Veröffentlichung des Romans ‚Die geheime Geschichte von Twin Peaks‘ dar, der Einblicke gibt, die die TV-Serie noch nicht gegeben hat. Eine gute Ergänzung also zur aktuell anstehenden von den Fans seit Jahren erwarteten Fortsetzung der Verfilmung.
Nach diesem informativen und herzlichen Gespräch zog es mich wieder weiter in die Hallen und mein Weg führte mich zur Bühne der ‚Self-Publishing-Area‘. Hier wurde davon berichtet, worauf man beim Schreiben und Vermarkten eigener Bücher achten sollte. Eine interessante von Fragen des Publikums unterstützte Veranstaltung, die einige Einblicke in die Umsetzung eigener Projekte ohne einen entsprechenden Verlag gewährte. Problematisch erwies sich hier nur, dass die Fragen der Besucher aufgrund der lauten Umgebung vom Publikum nicht gut verstanden werden konnten. Da wäre ein zusätzliches Mikrophon hilfreich gewesen.
Vorbei am Stand der Bundesregierung, die mit einer Fülle von Informationsbroschüren zu Themen wie Patientenverfügung oder Energie aufwartete, ging es in Richtung vielfältiger Kinderbuchverlage, die sich zum Teil sehr originell darstellten. Ich verließ die Halle 3.0 für den Moment und erklomm die Rolltreppen, um in den Bereich der Halle des Gastlandes zu gelangen. Zuvor gönnte ich mir aus dem Fenster noch einen keinen Ausblick auf die außen liegenden Ausstellungsflächen mit Lesezelt etc. Gastland waren Flandern und die Niederlande. Beide Regionen stellten sich am Eingang in die Halle eigenständig mit unterschiedlichen Informationsmaterialien vor. Im Innern der Halle wurde durch Tücher abgehängt ein Oval präsentiert, in dem und um das Veröffentlichungen, historische Informationen und Gesprächsrunden geboten wurden. Die entspannte Grundstimmung und die lockere Atmosphäre ließen den Betrachter gern verweilen. Interessant war auch der direkte Einblick in eine Graphikabteilung, die für das Publikum direkt einsehbar und zusätzlich auch mit einer Kamera von oben beobachtet und auch Leinwand übertragen wurde. Wer Interesse hatte, konnte schnell Kontakt zu den einzelnen Mitwirkenden bekommen und sich über die Arbeiten informieren lassen.
Von den Ausstellungsräumen des Gastlandes ging es treppab in Richtung ARD-Studio wo zur Zeit meines Eintreffens ein WDR-5-Tischgespräch mit Leon de Winter zu ‚Geronimo‘ stattfand. De Winter beschreibt in seinem Polit-Thriller die Ereignisse um eine lebendige Ergreifung Osama Bin Ladens.
Im Bereich der Halle waren auch wieder die Hörspielbühne und Informationsstände der öffentlich rechtlichen Sender zu finden, die hier schon in den letzten Jahren beheimatet waren. Das Gebäude verlassend wendete ich mich nun den zuvor von oben schon betrachteten außen aufgebauten Ständen und Veranstaltungsstätten zu. Auch auf dem Platz zwischen den Hallen waren einige Aufbauten des Gastlandes zu erblicken. Und auch für das leibliche Wohl wurde stilecht mit niederländischen Pommes gesorgt. Natürlich gab es auch eine Vielzahl weiterer kulinarischer Möglichkeiten. So wurde zum Beispiel im Lesezelt, in dem eine Lesung der Autorin Connie Palmen aus ihrem Roman ‚Du sagst es‘ stattfand. Dort wurde Yogitee angeboten, dessen Duft schon außerhalb eine ganz eigene Note in die Luft zauberte.
Neben dem Lesezelt war eine Ausstellung von Karikaturen aufgebaut, die leider aufgrund des tristen und trüben Wetters nur wenig Beachtung fand.
Auch mein Weg führt aus der Kälte zurück in die Messehallen. Das Gutenbergmuseum hatte wieder eine alte Druckerpresse aufgebaut und zeigte den interessierten Besuchern die alte Technik. Nicht weit entfernt war dann die Frankfurter Antiquariatsmesse zu erblicken, die durch eine eigene Sicherheitskontrolle eingerahmt wurde. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren dazu aufgerufen die Taschen der Besucher nach dem Verlassen des Ausstellungsbereichs mit seinen herrlich alten kunstvollen Büchern zu kontrollieren. Eine Maßnahme, die wohl der Tatsache geschuldet ist, dass auch auf internationalen Messen viel Ware den Besitzer wechselt, ohne dass diese bezahlt wird. So berichtete mir eine Mitarbeiterin eines Buchstandes, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder einmal zu Diebstählen und Diebstahls-Versuchen gekommen ist. Dies sowohl im Bereich der antiken Bücher, aber vermehrt auch an den Ausstellungsständen der neuen bzw. aktuellen Bücher und Medien. Wie hoch die Abschreibungsverluste durch entwendete Medien bei solchen Messen liegen, war für mich aber nicht herauszufinden.
Vom Augenschmaus mit dem alten Buchbestand wandte ich mich wieder der Halle 3 zu, diesmal eine Etage höher im Bereich 3.1. Hier fand sich neben vielfältigen Verlagspräsentationen der Gemeinschaftsstand der Hörbuchverlage, der von vielen Interessierten umlagert war. Ich schaute mich zunächst einmal um, um mir einen Überblick über neue Produktionen zu verschaffen und fand mich dann am Stand von ZYX-Music ein, wo ich mich von Frau Bussweiler über die neuesten Produktionen dieses im Sortiment sehr breit aufgestellten Verlages informieren ließ.
Ein paar Meter weiter traf ich Frau Bader die Geschäftsführerin des Griot-Verlages. Mit Frau Bader sprach ich über die in den letzten Jahren veröffentlichten Geschichts-Hörbücher aus der Reihe ‚Menschen Mythen Macht‘, Pläne für kommende Veröffentlichungen und die bewusste Auswahl hochkarätiger Sprecher für die Produktionen. Zudem berichtete mir Frau Bader, wie wichtig sie die Auseinandersetzung mit den bisher veröffentlichten Themen findet und wie belastend und bedrückend die Umsetzung der Hörfeatures zum Thema ‚Hitler‘ für das Team waren. Die Zeit verstrich allzu schnell und Frau Bader hatte einen Termin mit weiteren Gesprächspartnern, wodurch wir den interessanten Austausch beenden mussten.
Kurze Gespräche mit weiteren Vertretern anderer Hörbuch-Verlage folgten und es wurde Zeit noch einmal andere Hallen auszusuchen, um einen weiteren Überblick zu bekommen. Ein Gang war wieder mit einer Vielzahl von Kalendern bestückt, die von Darstellungen künstlerischer Motive bis zum Fotokalender von Schlagersternchen oder dem kleinen Hund von nebenan reichte. Darüber hinaus wurden in der nächsten Halle Schulbücher und Lernmaterialien präsentiert. Die Bandbreite der technischen Möglichkeiten zur Wissensvermittlung war verblüffend. Bleibt immer die Frage, ob man diese Technik wirklich benötigt oder ob es das alt hergebrachte Buch nicht doch Wissen traditionell gut vermitteln kann. Hier muss jeder selbst entscheiden.
Ach ja, fast hätte ich vergessen Michael Tsokos zu erwähnen, von dessen Buchvorstellung ‚Sind Tote immer leichenblass‘ ich leider nur die letzten Minuten mitbekam. Auch Kochbuchvorstellungen habe ich nur gestreift, fühlte mich aber von den vielen unterschiedlichen Gerüchen der Meile mit den Kochzeilen angeregt, bald selbst einmal etwas zu essen. Das hatte ich vor lauter Eindrücken von Büchern, Hörbüchern und weiteren Medien den ganzen Tag lang vergessen. Ich wandte mich also nochmal dem Außengelände zu, da dort nach der Wärme in den Messehallen neben der Nahrung auch etwas Erfrischung an der Luft lockte. Frisch gestärkt ging es dann für einen letzten Rundgang zurück in die Hallen, in denen das Publikum und auch die Betreuer der Stände zunehmend mehr in Grüppchen zum Teil um Stehtische versammelt war und, ich konnte es kaum glauben, eine Flasche Wein nach der nächsten leerte. Von einem anderen Besucher schnappte ich den Kommentar ‚Ich möchte nicht wissen, wie viele Flaschen hier im Laufe der Messe geköpft werden?‘ auf. Eine Frage, die sicher mit einer Zahl mit mehr als drei Stellen beantwortet werden muss. Aber wer will das schon so genau wissen?
Mit einer letzten Schleife durch die Gänge, vorbei am Deutschlandradio-Stand ließ ich meinen Messetag ausklingen und machte mich auf den Weg zum Bus, mit dem es zurück zum Parkhaus ging. Dort angekommen zeigte es sich, dass die Reihen der Parkplätze schon deutlich leerer waren und auch der Weg aus dem Parkhaus in Richtung Autobahn war zügig zu fahren. Die Autobahn selbst erwies sich diesmal freundlich, ließ den Stau weg und so war die Rückfahrt von der Frankfurter Buchmesse 2016 deutlich entspannter als der Hinweg.
Die Buchmesse war wieder einen Besuch wert, es war wieder einmal zu wenig Zeit alles genau in Augenschein zu nehmen, aber die interessanten Gespräche und alle Eindrücke von neuen Veröffentlichungen stehen dem positiv gegenüber. Wenn es klappt, bin ich im nächsten Jahr wieder dabei. Mal abwarten, was es dann an Neuigkeiten zu berichten gibt.