Old Shatterhand - Neue Abenteuer Hot
Michael Brinkschulte
08. August 2024
Buch-Tipp
Autor(en)
Anzahl Seiten
448
Verlag
Erscheinungsjahr
Internetlink
Rückentext
In dieser Anthologie finden sich neben Erzählungen, die die Abenteuer Old Shatterhands und Winnetous - angelehnt an den vertrauten Stil Karl Mays - weiterspinnen, auch Geschichten mit neuen Sichtweisen und behutsamen Erweiterungen des Karl-May-Kosmos, jedoch ohne dabei das Flair von Karl Mays Mythos zu zerstören. Wer Karl-May-Pastiches mit neuen Perspektiven kennenlernen und seine Helden auch etwas abseits der bekannten Motive und Handlungsschemata erleben will, kann also hier problemlos fündig werden. Die Geschichten sind so unterschiedlich wie ihre Autorinnen und Autoren selbst, die mit ihren Beiträgen nicht nur Karl Mays Helden Winnetou und Old Shatterhand weiterleben lassen, sondern auch ihrem Erfinder, dem großen Erzähler Karl May, eine Huldigung und ihren Dank für viele fesselnde Lesestunden ableisten wollen.
Hörspiegel-Meinung
Michael Brinkschulte
Story/Inhalt
9,0
Atmosphäre
9,0
Aufmachung
10,0
Gesamtwertung
9,3
Ich lese gerne und viel. Schon lange auch Karl Mays Werke und an Mays Romane anknüpfende Bücher und Geschichten. Das vorliegende Buch stellt durch die variantenreichen Geschichten eine Besonderheit dar, die mich dazu veranlasst hat, das Buch nicht mehr aus der Hand zu legen und in kürzester Zeit vollständig zu verschlingen.
Die 448 Seiten des Buches werden durch ein Vorwort von Volker Kirschel eingeleitet, das schon Einblicke in die verschiedenen Erzählformen sowie Anknüpfungspunkte aus Karl Mays Werk voranstellt. Diese Einleitung bringt den Leser dazu zunächst einmal neugierig zu werden, wie sich die neuen Geschichten in die Erwartungshaltung an Karl May und die seine Werke weiterschreibenden Personen einreihen.
Den Startschuss in die acht Geschichten macht "Kriegsbeil oder Friedenspfeife" von Jutta Laroche. Diese Geschichte, die aus der Perspektive Winnetous erzählt wird, weiß von Beginn an zu überzeugen, bringt Spannung und eine etwas verändert Sichtweise mit, bleibt aber Karl Mays Schreibstil grundsätzlich treu.
Es schließt sich eine Detektivgeschichte an, die Old Shatterhand als Ermittler erscheinen lässt, der sich aufgrund finanzieller Probleme dieses Betätigungsfeldes annimmt. Peter Wayand hat mit diesem Text "Detective Old Shatterhand - Der Fall Douglas" die Person Old Shatterhands und das Zusammentreffen mit einem Charakter aus dessen Anfängen als Westmann in eine mit Gesellschaftskritik und einer abschließenden Überraschung gespickte Geschichte gefasst, die Old Shatterhand in einer gänzlich anderen Rolle zeigt.
Weiter geht es im Buch mit einem Abenteuer mit dem Titel "Spuren am James River" von Lennardt M. Arndt, um dann mit "Jaqueline Montemurris "Starker Wind gegen Rinder" auf die dramatische Situation einzugehen, die den hungernden Siedlern und Indianern im Winter Rechnung trägt. Dramatisch in Szene gesetzt, wird hier gezielt mit Kontrasten gearbeitet und am Ende wird nicht wie im Märchen alles gut, sondern es sind Verluste zu verzeichnen.
Als besonders emotional entpuppt sich "Neumond" von Nadine Schmenger, die es schafft die Freundschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand dahingehend zu beleuchten, dass es auch einmal Differenzen gibt, die die beiden meistern müssen. Doch in dieser längsten Geschichte im Buch sind noch eine ganze Reihe weiterer Themen verzahnt, und ein kleiner Junge spielt eine ganz besondere Rolle, durch die er und die Geschichte nachhaltig im Gedächtnis des Lesers bleiben.
Es folgen noch drei weitere kürzere Abenteuer-Geschichten. Alexander Röder lässt Old Shatterhand in "Das Phantom der Chisos" Begegnungen machen, die er gerne ausführlicher gemacht hätte. Katrin Nebel setzt in "Nachtgedanken" auf eine Vermischung von Hintergrundinformationen zu Karl May und dessen familiärem Hintergrund und tiefgründigem Miteinander zwischen Winnetou und Old Shatterhand. Mehr mag ich nicht verraten. Die letzte Geschichte aus der Feder von Katharina Maier trägt den Titel "Die Reisegesellschaft - Ein Fragment". Die Autorin setzt einen interessanten Schlussakzent, in dem die Erzählperspektive sich wandelt und eine Protagonistin im Fokus steht. Die Handlung ist dadurch bis zuletzt interessant, lässt dem Leser Luft zum Weiterdenken.
Den Abschluss des Buches macht dann eine Aufstellung der Autorinnen und Autoren, deren Vita und Schaffen kurz umrissen wird.
Old Shatterhand - Neue Abenteuer hat mich überrascht und gefesselt, das Buch zeigt einmal mehr, dass Karl Mays Figuren noch lange nicht alle Abenteuer bestanden haben, sondern durch gute und mit Fingerspitzengefühl schreibende Autorinnen und Autoren noch viel zu erleben haben.