Night of Hunters Hot
Musik
Hörspiegel-Meinung
Nach einem elektronisch angereicherten Album im Jahr 2008 („Abnormally Attracted to Sin“) und einem reinen Weihnachts-Album 2009 („Midwinter Graces“) kehrt die Mistress of Songwriting – Tori Amos – 2011 mit einem erneut völlig anderen Albumkonzept zurück.
Mit „Night of Hunters“ bringt Tori Amos zum ersten Mal in voller CD-Länge ihre klassische Klavierausbildung zur Geltung. Wir entnehmen der Presseinformation: „Inspiriert von klassischen Kompositionen, etwa von Frederic Chopin, Franz Schubert oder Eric Satie, erzählen die vierzehn neuen Lieder die Geschichte einer verlorenen Liebe - in dieser „Nacht der Jäger", aufgebracht durchwachten Stunden voll Verzweiflung, Wut und Depressionen, durchlebt Tori Amos einen Leidenskosmos voll Zweifel, Hoffnung und Dramen. Der Morgen danach klärt alles - es herrscht Frieden. Die Arrangements der raffinierten Melodien stellen Gesang und Klavier deutlich in den Vordergrund. Dazu kommen ausgewählte klassische Virtuosen, etwa die Flötistin Laura Lucas, der Brite Nigel Shore, Solo-Oboist an der „Komischen Oper", sowie das junge polnische Streichquartett „Apollon Musagète" und der 22-jährige Andreas Ottensamer, Solo-Klarinettist bei den Berliner Philharmonikern.“
Bei einem so starken Bezug zur klassischen Musik ergibt auch die Kooperation mit dem Klassik-Label Deutsche Grammophon einen tieferen Sinn. Neben den erwähnten Gastsolisten sind auch Tori Amos‘ 11-jährige Tochter Natashya Hawley (übrigens das Patenkind von Neil Gaiman) und ihre Nichte Kelsey Dobyns an den Vocals zu hören. Hierbei ergeben sich Dialoge, und ich möchte die Professionalität insbesondere Tashs hervorheben. Ihre noch recht helle Stimme lockert die mitunter schwer und stets erwachsen instrumentierten Stücke deutlich auf.
„Night of Hunters“ ist kein Album für Pop-Freunde. Auch wer Tori Amos‘ charmanten folkloristischen Stil mag, wird seine Schwierigkeiten mit „Night of Hunters“ haben. Aber: Wer Toris Geschichten, ihre songwriterischen Fähigkeiten sowie ihr spielerisches Können am Piano liebt, der wird in diesem neuen Album eine ganz neue, sich ständig neu entwickelnde Welt vorfinden.
Fazit: „Night of Hunters“ ist kein Musical, aber eine musikalische Geschichtenerzählung. Es ist keine Klassik, aber es sind akustische, teilweise klassisch orchestrierte Songs in herbstlich-erhabenem Gewand. Mit einem feinen Gespür für Sepia-Nostalgie, die sich ungestört inmitten einer ungewöhnlich jugendlich-frischen Art von Kompositionen ausbreiten darf.