The Stars Are God's Bullet Holes Hot
Alina Jensch
25. August 2021
Musik
Interpret/Band
Unter-Genre
Veröffentlichungs- Datum
30. Juli 2021
Format
- CD
- Vinyl
Bandwebsite
Hörspiegel-Meinung
Alina Jensch
Gesamtwertung
9,0
Einen eindrucksvolleren Titel als „The Stars Are God's Bullet Holes“ hätte John Murry wohl kaum für sein drittes Soloalbum wählen können. Der Musiker aus Mississippi, der mittlerweile in Irland lebt, blickt auf ein erschütterndes Leben zurück und verarbeitet das Erlebte in seiner Musik. Gerne wird seine Verwandtschaft zum Literaturnobelpreisträger William Faulkner hervorgehoben, und eine Parallele lässt sich da wohl ziehen: Er ist kein Kind von Fröhlichkeit und seine Werke spiegeln das, wenn auch teils sehr versteckt oder humoristisch, wider.
John Murrys warmer Bariton und sein dezenter Südstaaten-Akzent sind sehr wohlklingend und fesseln den Hörer an die Geschichten, die er zu erzählen hat. Diese sind größtenteils biografisch geprägt, behandeln seine Erfahrungen mit gescheiterten Beziehungen, Drogen, Gewalt und überraschend unverblümt den sexuellen Missbrauch in seiner Kindeit („Time and a Rifle“) – letzterer geht direkt unter die Haut und ist für mich ein Highlight des Albums – aber bedienen sich auch der Literatur und anderen Ereignissen. Gleich im Opener „Oscar Wilde (Came Here to Make Fun of You)“, das wage von einem terroristischen Anschlag und Flucht handelt, singt der Künstler selbst „If I didn't have to hustle all these second hand stories this wouldn't be a joke“.
Allgemein lohnt sich ein Blick in die Texte, die zwischen Realität und Gedankenwelt zu verschwimmen scheinen, mal sehr greifbar direkt und mal sehr undeutlich daherkommen, stets jedoch düster poetisch klingen.
Nun aber zur Musik: Stilistisch verschmelzen hier Indie Rock und Americana – speziell Folk Rock und Blues – in einer sehr gelungenen, abwechslungsreichen Mischung.
Die rockigeren Stücke begeistern mit einem gewollt dreckigen, grunge-y Gitarrensound (z.B. „The Stars are God's Bullet Holes“, „You Don't Miss Me (So Long)“), während mich das ruhigere „Perfume & Decay“ mit der Kombination aus Gitarre, Piano und der prägnanten Stimme durchaus an ROME erinnern. Aber neben all der schweren Kost und düsteren Balladen, finden sich auch aufgewecktere Momente, wie etwa der fünfte Song „I Refuse to Believe (You Could Love Me)“.
Ein Album zum Sterben gehen ist „The Stars are God's Bullet Holes“ nämlich nicht, und das manifestiert sich wohl am deutlichsten in der gelungenen Coverversion von Duran Durans Hit „Ordinary World“, die sich auf diesem Album findet.
„The Stars are God's Bullet Holes“ kommt mit 11 Songs, inklusive eines Hidden Tracks, und knapp einer Dreiviertelstunde sehr kurzweiliger Spielzeit. Einzig das dröhnende Noise-Instrumental „1.(1.)1.“ zerstört für mich das Hörerlebnis und hier und da hätte ich mir vielleicht etwas mehr Melodiösität im Gesang gewünscht.
Abschließend muss auch der Sound des von John Parish produzierten Albums gelobt werden. Diese Platte ist und klingt fantastisch! Unbedingt reinhören!