Dream Awakening Hot
Hörspiegel-Meinung
Manchmal braucht ein neues Lebenszeichen einfach etwas länger. Wie im Fall von Oberon. 1997 war der Norweger Bård Oberon einer der ersten Künstler, die das Portfolio des damals jungen Labels Prophecy prägten. Nach dem Erstlingswerk folgten einige wenige Veröffentlichungen in Eigenproduktion, von denen mich vor allem das 1998er Album „Mysteries“ bis heute nachhaltig beeindruckt hat. Doch wer Bård und seine unbändige Kreativität kennt, der weiß, dass kein Zeitraum zu lang für ein Comeback ist. Und die Zeit ist nun gekommen.
Im September 2014 erscheint nach 13 Jahren mit „Dream Awakening“ ein neuer Longplayer. Und schon bei den ersten Klängen von „Empty and Marvelous“ wird klar, dass Oberon niemals wirklich weg war. Doch dieses Album ist mehr als ein Comeback zu alten Zeiten. Schnell wird mir als Hörer deutlich, dass das Songwriting und auch die Instrumentierung erwachsener geworden sind. Es ist der rockige Backbone, der „Dream Awakening“ prägt. Bemerkenswert, wie viele Metal-Elemente in Stücken wie „Escape“ oder „I Can touch the Sun with my Heart“ stecken, ohne dass man die Songs selbst auch nur annähernd als „Metal“ bezeichnen würde. Dann immer wieder die Oberon-typischen stillen, melancholischen Augenblicke, die unerwarteten Akkordwechsel, die mystischen Bilder, die sich im Kopf bilden. Und die spirituellen Ebenen, die Bård Oberon mit seiner Musik erreicht.
„Dream Awakening“ ist ein klassischer Slow-Burner. Ein Album, das beim unaufmerksamen Anhören auf der Strecke bleibt. Es verlangt die volle Aufmerksamkeit von seinem Hörer. Dann aber offenbart es eine Welt voll melancholischer Schönheit und filigran-verletzlicher Kunstwerke, die über sich hinaus wachsen und stellenweise zu einem emotional geladenen Schrei heran schwellen dürfen. Ein Album, das wahre Liebhaber sucht.