Die Abenteuer des Joel Spazierer Hot
Hörbuch
Rückentext
Michael Köhlmeiers dunkel funkelnder Roman über die Nachtseiten unserer Gesellschaft ist ein Meisterwerk„Ich besaß nie den Ehrgeiz, ein guter Mensch zu werden; auch wenn ich eine Zeitlang glaubte, Moral gehöre zu unserer Grundausstattung.“ Geboren ist der unter dem (falschen) Namen Joel Spazierer schreibende Erzähler im Budapest der Nachkriegszeit, auf die schiefe Bahn ist er in Wien geraten, seine kriminelle Karriere hat er in vielen europäischen Ländern betrieben – und in der DDR hat er es sogar zum Professor für Philosophie gebracht. Nun über sechzig, trifft er seinen Freund Sebastian Lukasser wieder, der ihn ermuntert, seine unglaubliche Lebensreise aufzuzeichnen.
Joel Spazierer ist ein hochintelligenter und sympathischer Mensch und ein großartiger Erzähler. Wie er seine Höllenfahrt schildert, wie er die dunkelsten Abgründe seiner Existenz ausleuchtet, das ist von atemberaubender Könnerschaft. Ungekürzt und meisterhaft von Michael Köhlmeier selbst gelesen.
Hörspiegel-Meinung
Wie ist das Hörbuch umgesetzt?
Vier MP3 CDs sind es, die das ungekürzte Gesamtwerk von Michael Köhlmeier beinhalten. Die Spielzeit beträgt mehr als 31 ½ Stunden. Die CDs befinden sich in einem Digipack, welches jeweils unter den Einstecklaschen der CDs mit der zugehörigen Trackliste bedruckt ist. Zudem findet der Hörer im Digipack eine Vita des Autors, der zugleich auch Sprecher dieses Hörbuches ist. Darüber hinaus ist das Digipack, abgesehen von Produktionsinformationen, unbedruckt.
Die Stimme von Michael Köhlmeier ist angenehm, seine Betonung gut. Und doch stellt diese Lesung hinsichtlich des Vortrags für mich ein Problem dar, da Köhlmeier, trotz guter Stimme ein Lesetempo anlegt, das mit vielen Pausen gespickt ist, die sicherlich zum Teil Sinn machen, um einzelne Passagen und wichtige Sinnabschnitte hervorzuheben, aber in dieser Fülle den Hörfluss stören.
Resümee/Abschlussbewertung:
Joel Spazierers Rückblick auf sein Leben und seine Abenteuer reicht sein ganzes Leben zurück und so werden rund 60 Jahre als Retrospektive mit partiellen nicht chronologischen Einschüben dargestellt.
Beginnend mit seinen Erlebnissen als Vierjähriger, als er mehrere Tage allein in der Wohnung seiner Großeltern blieb, nachdem diese zu Vernehmungen abgeholt worden sind, über die Entwicklung des Verhältnisses zu seinem Vater, den er erst im Alter von rund 6 Jahren kennen gelernt hat, werden Erlebnisse und eigenes Handeln über den gesamten Zeitraum beschrieben.
Dabei fragt man sich als Hörer immer wieder einmal, worauf das Ganze hinaus laufen soll, werden doch neben interessanten Inhalten auch viele eher belanglos anmutende Aspekte erzählt. Insgesamt erweist sich der Roman an sich jedoch als interessant und kurzweilig, nimmt den Hörer mit auf einen voyeuristischen Beobachtungskurs bezogen auf das Leben eines einzigen Mannes von der Kindheit bis zum heutigen Tage.
Wie schon oben erwähnt, erweist sich der Autor als Vorleser mit angenehmer Stimme, doch seine Art des Vortrags erscheint zwiespältig. So hatte ich manches Mal den Wunsch, dem Sprecher sagen zu wollen, er solle das Tempo erhöhen und nicht immer so viele Pausen zu setzen. Einerseits hebt diese Lesart einzelne Passagen hervor, andererseits bremst sie den Fortgang der Handlung.
Insgesamt ein interessant angelegter Roman, dessen Längen sicherlich durch einen anderen Sprecher besser aufgefangen worden wären. Wer jedoch auf langsame betonte Vortragsweise steht, der ist hier richtig.