Stefan Zweig
"Schachnovelle / Der Amokläufer"
Klassiker-Review

© Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen
Rückentext:
Dieser Band enthält zwei der bekanntesten, auch verfilmten Novellen von Stefan Zweig (1881-1942). Es sind psychologische Erzählungen, erkennbar von Sigmund Freud bzw. von dessen Einsichten in die Tiefen menschlichen Seelenlebens beeinflusst. Zweigs Interesse gilt dabei dem Menschen und seinem Verhalten in Grenzsituationen. Er beobachtet mit analytischer Schärfe, ohne jedoch moralisch zu werten oder gar zu verurteilen. "Mir persönlich macht es mehr Freude, Menschen zu verstehen, als sie zu richten".
Die Faszination dieser Erzählungen besteht nicht allein in der Tatsache, daß hier Menschen geschildert werden, die hilf- und wehrlos, ja rettungslos in eine Leidenschaft verfallen und in der Folge zu willenlos Handelnden werden. Zweigs Darstellung selber ist Leidenschaft: die Zwanghaftigkeit der Handelnden, deren sich ständig steigernde Atemlosigkeit in ihrem rasenden Lauf ohne Entscheidungsfreiheit für das Ziel, überträgt sich auf den Hörer.

Hörspiegel-Meinung (ste):
Die beiden Erzählungen "Schachnovelle" und "Der Amokläufer" von Stefan Zweig haben viele Gemeinsamkeiten. Zum einen spielen beide auf einem Schiff. Die Handlung dort ist jedoch nicht die eigentliche Handlung der Geschichte. Vielmehr treffen die Protagonisten beider Geschichten auf eine andere Person, welche ihre eigene Geschichte mitteilt. Bei der "Schachnovelle" ist es die Einsamkeit und Langeweile einer Gefängniszelle, die den Gefangenen zum Schach-Genie macht, denn dank eines Buches, das er stahl und mit in seine Zelle nahm, hatte er unendlich viel Zeit zu lernen. "Der Amokläufer" führt uns nach Asien. Aber: Derselbe Aufbau der Story. Es beginnt sehr langsam und gemächlich und steigert sich am Ende stark.
Detailiert psychologisch verlangen Zweigs Erzählungen die volle Aufmerksamkeit des Hörers.

Die beiden Klassiker werden vorgetragen von Reiner Unglaub. Seine Stimme eignet sich perfekt für Hörbücher. Sie ist sehr unaufdringlich, ohne langweilig zu klingen. Er betont sehr gut und verleiht den verschiedenen Situationen der Geschichte durch Tempo- und Betonungswechsel eine angenehme und durchaus dynamische Atmosphäre. Besonders macht sich das bei den fiebrigen Schachpartien bemerkbar. Hervorragend! Selbst wer kein Schach spielt oder mit den Regeln nicht vertraut ist, der darf hier mitspielen, Zweig macht das verfolgen der Partien einfach, ohne dass es lapidar wirkt.

"Schsanovelle / Der Amokläufer" erscheint als Doppelhörbuch auf 4 CDs im Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen unter der Regie von Hans Eckardt. Alles in allem rundum gelungen, lediglich die Gestaltung der Hülle wirkt auf mich zu schlicht.

Empfehlung für Liebhaber sich entwickelnder, tiefgründiger Storys.
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story(s)
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Nico Steckelberg, © 2004 Der Hörspiegel )