Schattensaiten - Folge 1
"Der Schneemann"

© 2002 Pandoras Play
Rückentext:
Angespannt starrten Anne und Daniel durch das Fenster. Wer war nur dieser unheimliche Fremde, der genauso aussah wie Daniel und überall dort auftauchte, wo Daniel eigentlich gerade sein sollte? Aus dem Nichts war er aufgetaucht, in den Kleiders des Schneemannes, den seine Freunde für ihn gebaut hatten. So hatten sie ihm den Namen ‚der Schneemann' gegeben. Und jetzt stand er da, in der Küche von Daniels WG, unterhielt sich mit seinen Mitbewohnern und keiner ahnte auch nur, dass das gar nicht Daniel war. Plötzlich öffnete sich die Tür und der Doppergänger verließ das Gebäude. Anne und Daniel nahmen die Verfolgung auf. Doch je mehr sie über die Sache erfuhren, desto größer wurde die Gefahr, in der sie sich befanden. Konnten sie das Rätsel um den Schneemann lösen, bevor es zu spät war?
 
Bestellinfo:
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Hörspiegel-Meinung (ck):
„Der Wolf im Schafspelz“ ist zugegebener Weise kein ganz neues Motiv. Doch dem jungen Team um Katja Behnke und Klaus Brandhorst gelingt es in beachtlicher Weise, es in neue, kreative Formen zu gießen.

Katja Behnke verkörpert Anne, die selbstbewußte und zuverlässige Bibliotheksmitarbeiterin, die dem Opfer und Hauptdarsteller - Daniel - zur Seite steht. Ihre überzeugenden Dialoge führen auch dem nicht ganz so aufmerksamen Zuhörer das eigentliche Thema vor Augen: „Sie sehen, was sie sehen wollen“ und „lassen sich blenden“. Damit sind nicht nur die beiden Mitbewohner, Christian und Claudia, aus Daniels Wohngemeinschaft gemeint, sondern auch seine Eltern. Dem Grunde nach stellen Anne und Daniel aber auch dem Zuhörer die Frage, wo sich dieser im Strategiespiel um Gut und Böse sieht. Sind wir Handelnde, so wie Anne und Daniel, oder Spielzeuge des „Wolfs“, die darauf vertrauen müssen, dass jemand Ihnen die Augen öffnet, bevor auch sie zum Werkzeug des „Lebensdiebs“ geworden sind.

Die eigentliche Geschichte beginnt mit einer Kette ungewöhnlicher und für den Zuhörer zunächst unerklärlicher Vorfälle, rund um Daniel. Der junge Student der Linguistik wird von Matthias Felling gesprochen. Seine offene und natürliche Stimme macht es dem Hörer leicht, sich über Verwunderung bis hin zu Wut und Entsetzen, mit den Gefühlen des Protagonisten zu identifizieren. Eigentlich sollten die verschiedenen Kleidungsstücke, die Daniel seinen Mitbewohnern überläßt, doch nur für sein lustiges Geburtstagsgeschenk benutzt werden. Den Schneemann am Hintereingang des Hauses hatte er schnell entdeckt. Alles völlig normal also; bis sich Mantel und Co. plötzlich mitsamt Daniels mysteriösem Doppelgänger selbständig machen.
Und schon beginnt die Schnitzeljagd mit allerlei spannenden Fußangeln. Doch auch, wenn die einzelnen Ideen, rund um Schneemann und Doppelgänger, nicht ganz neu sind und Ihren tieferen Sinn erst in den folgenden Teilen der Hörspieltrilogie offenbaren, kommt sicher keine Langeweile auf. Denn wer behauptet, amerikanische Filme und Serien der 1980er Jahre hätten an Spannung verloren, kennt den einfallsreichen Schwung eines MacGyver nicht, der auch hier unseren Hauptdarstellern aus der Patsche hilft und sie letztendlich rettet.
Doch ist das Problem wirklich gelöst? Die „Schattensaiten“ produzieren hier eine phantastische Trilogie. Da ist zu erwarten, dass das Ende in gewisser Weise offen bleibt. Und so ist der Verweis auf den zweiten Teil das logische Ergebnis; auch wenn Daniel und Anne zunächst einmal durchatmen können. Der Hörer aber nimmt schnell die zweite CD zur Hand, um mehr über „die Klänge der Dunkelheit“ und die unvermeidlichen Beziehungen zwischen den Hauptdarstellern zu erfahren.

Insgesamt ist „Der Schneemann“ ein rundum gelungenes Hörspiel, das neben einem ansprechenden Äußeren auch technisch ein hohes Niveau bietet. So wird „Der erste Kontakt“ zu einem einladenden Ereignis, das beim Hören seine akustische Fortsetzung findet. Vor allem die Stimme des Sprechers, Walter Blohme, passt hervorragend zum Gesamtbild und wirkt fast klassisch. Der Schneemann, dem Marco Göllner seine Stimme leiht, wirkt dagegen tatsächlich wie die Verkörperung des sprichwörtlichen Bösen.
Auch den Toneffekten ist das Bemühen um Authentizität anzumerken. Und abgesehen von dem etwas hellen Brechen einiger Dachziegel, gibt es auch hier keinen Anlaß für negative Kritik. So verwundert es den Hörer sicherlich nicht, wie detailgetreu auch die Randhandlung recherchiert ist. Dies mag an der altersbedingten Nähe der Sprecher zu ihren Figuren liegen. In jedem Fall wird der Zuhörer glaubhaft in eine lebendige Studentenwelt versetzt.

Am Ende bleibt Annes Frage, ob man Christian und Claudia ihre anfängliche Fixiertheit auf das „schöne Äußere“ übel nehmen kann, unbeantwortet und wird an den Hörer weiter gegeben. Wie erwartet, ist die Konfrontation von Gut und Böse natürlich unvermeidlich. Und weil selbstverständlich die richtige Seite gewinnt, freue ich mich schon jetzt auf den zweiten Teil der Trilogie: hört mit mir  „Die Klänge der Dunkelheit“.
 
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story 
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)

(Christian Kloer, © 2002 Der Hörspiegel )