Hans Dieter Schreeb
"Lilo Kaminski"

© 2005 Wortstark  / zyx
Rückentext:
Dieses Hörbuch erzählt eine Liebesgeschichte. Es erzählt die Geschichte der Lilo Kaminski, 1941 junge Ehefrau und willige Geliebte im „Generalgouvernement“, damals Deutschlands wilder Osten.
Die Erzählung setzt allerdings Jahrzehnte später ein – 1976 in Bayreuth. Lilo, niun eine Frau „in den besten Jahren“ und offenbar allein stehend, kommt mit einem attraktiven Herrn ins Gespräch. Die beiden sind wegen Wagner und der Wagner-Festspiele hier.
Mehr und mehr fühlt sich Lilo Kaminski durch sein Verhalten an ihren Liebhaber von ehedem erinnert, an Rolf Nagel, an den einzigen Mann, der ihr wirklich etwas bedeutet hat. In einem langen (Selbst-)Gespräch berichtet sie dem Fremden von Rolf Nagel und auch von ihrer Ehe mit dem Arzt und Parteiredner Dr. Herbert Kaminski, einem Überzeugten der ersten Stunde. Vor allem aber breitet sie die Tragödie ihres Lebens aus: ihre Zeit im Generalgouvernement. Dieses „Nebenland“ des Deutschen Reiches war 1939 aus den Resten Polens gezimmert worden und die Verwirklichung der schwärzesten Nazi-Phantasien, ein Land des Grauens und des Todes.
Anfangs versuchte Lilo sich hier zurechtzufinden und endlich sich nur noch zu retten. Mit dem Abstand von mehr als drei Jahrzehnten schildert sie ungeschminkt die Verbrechen, die sich vor ihren wie vor aller Augen abspielten. In manche wurde sie ohne eigenes Zutun verwickelt. Sie berichtet davon, als berichte sie von einer fremdartigen Realität, die zu ihrer Zeit und an ihrem Ort gar nicht anders konnte.
Wie der ganzen Nation ist ihr, Lilo Kaminski, Unschuld zugewachsen. Man weiß nicht mehr, woher diese Unschuld rührt. Aber die große Selbstvergebung ist typisch für die sechziger, siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Dadurch hat der Text bei allen entsetzlichen Vorgängen, von denen berichtet wird, Naivität und Leichtigkeit und Zeitgeist. Was sich anfangs wie die Erzählung einer Frau anhört, die einen Abend totschlagen, bestenfalls eine neue „Bekanntschaft“ schließen will, wird zum Gleichnis für das Verhalten der meisten Deutschen ihrer Generation.

Hörspiegel-Meinung (mb):
Worum es geht :
Kaum ein Rückentext war je so lang und vielsagend, daher sei es dabei belassen!

Welches Genre erwartet den Hörer ?
Vergangenheitsbewältigung der etwas anderen Art.

Wie ist das Hörbuch/Hörspiel umgesetzt?
Drei CDs umfass dieses Hörspiel. Eingepackt in ein aufwändig gestaltetes Buchcover kommt es daher. Im innern dieses im Din A 5 Format erschienenen Buchcovers findet sich neben den drei CDs ein Heft mit vielen Informationen. So Sind neben den Sprechern, deren Vita in kurzen Abhandlungen beleuchtet wird, auch Fotos derselben zu finden. Zudem bietet das Heft eine Trackliste, weitere Informationen zum Inhalt des Hörspiels und eine Abhandlung über die Realität des Generalgouvernement.
Die Produktion bietet namhafte, hervorragende Sprecher. Insgesamt die sieben Rollen mit folgenden Sprechern besetzt: Karen Böhne, Nicola Kirsch, Gedeon Burkhard, Sylvester Groth, Katy Karrenbauer, Egon Hoffman und Michael Tietz.

Resümee/Abschlussbewertung mit Schulnoten :
Dieses Hörspiel widmet sich einem besonderen Thema und dies in einen recht ungewöhnlichen Art und Weise. Die Geschichte bietet eine Menge Ansatzpunkte nachzudenken. Geschichtliches wird dargestellt und fassbar gemacht. Die Sprecher haben eine sehr gute Leistung erbracht und durch dadurch bekommt der Hörer die Möglichkeit sich in das Geschehen einzufühlen.
Mit „Lilo Kaminski“ hat Hans Dieter Schreeb ein Werk geschaffen, das auch jüngeren Hörern die Zeit im damaligen „Generalgouvernement“ bewusst macht. Es ist kein leichter Stoff, der hier verarbeitet wurde und gerade das Wagnis ein Thema anzufassen, welches gern unausgesprochen bleibt, muss gelobt werden.
Neben der Sprecherleistung, dem gut geschriebenen Plot kann auch die Präsentation des Hörspiels in edler Aufmachung nur positiv hervorgehoben werden.
Ein Hörspiel das zum Nachdenken anregt.
Note 1-
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story 
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Michael Brinkschulte, © 2006 Der Hörspiegel )