Ingrid Noll
"Stich für Stich"
Fünf schlimme Geschichten

© 2002 Steinbach Sprechende Bücher
Rückentext:
Fünf Geschichten, die nicht immer mit den Tod eines Beteiligten enden. Fünf Protagonisten - eine Domina, eine virtuose Stickerin, eine blonde Krankenschwester, die alle Klischees erfüllt, die Ehefrau eines passionierten Anglers, die verheiratete Ärztin mit ihrer Hundedame. Fünf überraschende Wendungen - auch wenn man "seine" Ingrid Noll schon kennt.
 
Hörspiegel-Meinung (ste):
Ingrid Noll einmal anders. Schlimm, ja ja, wie immer quasi, wird derjenige sagen, der bereits den einen oder anderen Noll-Roman gelesen hat. Und so wird es ja auch bereits im Untertitel dieses Hörbuchs angekündigt. Doch ich kann sie beruhigen: ganz so schlimm sind die fünf Geschichten gar nicht, die uns hier von Ursula Illert vorgetragen werden.
Oder vielleicht doch ein wenig?
 
Die erste Story ("Ein milder Stern herniederlacht“), ist überaus skurril geraten.
Hier wird folgenden Fragen auf den Grund gegangen: Was macht eigentlich eine Domina, wenn sie häuslich werden möchte, mit all ihrem SM-Müll? Und wie erklärt sie ihrem Ehemann ihre Vergangenheit, wenn an Heiligabend plötzlich ehemalige „Sklaven“ vor der gemeinsamen Wohnungstür stehen, um sich ein wenig von ihr demütigen zu lassen?
Überaus humoristisch, bösartig und geistreich wird das Problem gelöst. Auf die etwas andere, die Noll'sche Art.
 
„Stich für Stich“, die Titelgeschichte, ist dahingegen ganz anders. Penibel beschreibend, detailreich erläuternd, rosarot erzählend, und ganz am Ende, wenn der Groschen gefallen ist, zum Schreien komisch.
 
„Die blaue Luftmatratze“ dient als Treffpunkt, wenn es darum geht, die seltsame Geschichte des Herrn Tristan zu hören... es geht um Schlangen, die Pullover stricken. Unheimlich liebevoll erzählt.
 
Typisch Noll, möchte man meinen, kommt „Fisherman’s Friend“ daher. Lernt der Hörer im ersten Teil der Erzählung die Ich-Erzählerin, ihr Leben und ihre Gewohnheiten in Kürze kennen, so geht es in der zweiten Hälfte darum, ein Problem zu lösen. Zwei Probleme. Den Angler, welcher ihr Mann ist, und seinen Freund, welcher... aber das möchte ich hier nicht verraten. Schließlich kommt am Ende sowieso alles anders, als man denkt, nicht wahr?
 
„Der gelbe Macho“ ist kein Kerl, sondern ein Hund. Aber genau wie sein Herrchen mag er die Damen. Und so kommen die verheiratete Ärztin und der viel zu junge Zivi durch ihre Hunde letztendlich zusammen. In jeglicher Beziehung. Und das ist alles nicht ganz so einfach... denn nicht immer läuft alles glatt.
 
Die Printausgabe der Geschichten-Sammlung  „Stich für Stich“ erschien in Form eines Mini-Buches. Die ungekürzte Lesung von Ursula Illert bringt es auf immerhin 2 CDs, die an keiner Stelle langweilig sind. Ganz im Gegenteil: Man möchte mehr!
 
Ursula Illert liest ganz hervorragend und ihre Stimme passt einfach zu Ingrid Nolls Geschichten wie die Gräte in die Fischfrikadelle. Lediglich bei der Titel-Erzählung käme die Pointe sicherlich besser, wenn man sie sich in gedruckter Form durchliest, anstatt sie zu hören. Warum, das möchte ich nicht verraten. Hören Sie selbst.
 
„Stich für Stich“ ist ein schönes Hörbuch zum herzhaften Lachen, zum hemmungslosen Staunen, zum fröhlichen Bösesein. Kaufempfehlung!
 
Hörspiegel-Skala:
1. Story(s)
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Nico Steckelberg, © 2003 Der Hörspiegel )