Hörspiegel-Meinung (ste):
Brian Lumley kreierte mit seiner Necroscope-Reihe
eine der erfolgreichsten Vampir-Sagas der Welt. Mit „Das Erwachen“ schuf
er den Grundstein für die 9 bislang in deutscher Sprache erschienenen
Teile der Serie.
LPL Records legen nun das Hörbuch
zu „Necroscope – Das Erwachen“ vor, bei dem Oliver Rohrbeck (bekannt als
Sprecher von Justus Jonas von den „Drei ???“) und Sven Hasper (Synchronstimme
von Michael J. Fox) Regie führten. Die Produktion kommt im original
Taschenbuch-Artwork in einer 7-CD-Edition im schmucken Pappschuber.
„Das Erwachen“ ist die Geschichte um den
10jährigen Harry Keogh, einen unscheinbaren Jungen, der eines Tages
seinen großen Auftritt bei einer Mathematik-Strafarbeit hat. Der
sonst eher unterdurchschnittliche Schüler löst mathematische
Probleme ohne jegliche Formeln, sondern allein mit Hilfe seiner Logik.
Seiner eigenen Logik? Nein, denn Harry ist ein Totenhorcher. Doch er kommuniziert
nicht nur mit verstorbenen Mathematikern, sondern hat auch schreckliche
Tagträume. So erleben wir in der ersten Szene, in der wir Harry kennenlernen,
wie er in einer Vision von einer Ertrinkenden deren Gedanken und Empfindungen
wahrnimmt, und so Zeuge eines brutalen und eiskalten Mordes wird.
Gesprochen wird das 7 ¾ stündige
Hörbuch von Joachim Kerzel, bekannt als Synchronstimme von Jack Nicholson
und als Sprecher unzähliger Kino-Trailer. Er verleiht diesen schrecklichen
Szenen eine solch lebhafte Atmosphäre, dass es dem Hörer kalt
den Rücken herunter läuft.
Und auch im zweiten großen Abschnitt
des Hörbuches, in dem es um Boris Dragosani, den Nekromanten, geht,
verleiht Kerzels Stimme der Produktion einen perfekt schauderhaften Schliff,
dass einem Angst und Bange werden mag. So wird z.B. eine Szene detailgetreu
erzählt, in der Dragosani den Leichnahm eines Mannes aufs Ungeheuerlichste
mit einigen Werkzeugen, ansonsten mit bloßen Händen, auseinandernimmt
um so an die Erinnerungen des Toten zu gelangen. Jener Gabe, der Nekromantie,
verdankt er seinen Job beim Geheimdienst.
Doch dies ist nicht Dragosanis einziges
Geheimnis. Denn tief in den Wäldern Rumäniens, unter der Erde,
schlummert sein geistiger Vater, der Boris in seinen Gedanken zu sich ruft.
Und nach vielen CDs ohne auch nur die klitzekleine Spur von Vampiren, hätte
man als Hörer beinahe daran gezweifelt, dass es sich bei dem „Erwachen“
um den ersten Teil einer Vampir-Saga handelt. Denn erst gegen Ende eröffnet
sich dem Hörer Lumleys umfassende Welt der Untoten.
Eine Geschichte, die zeitlich und räumlich
verwinkelt ist, mit vielen detailiert beschriebenen Charakteren, die keine
Langeweile aufkommen lässt.
Besonders gut gefallen haben mir auch
die von Andy Matern komponierten musikalischen Zwischenstücke, die
alle auf demselben Thema basieren. Die Instrumentierung erinnert mich an
„Deine Lakaien“: Elektronik „meets“ Streicher. Sehr schön melodisch,
einprägsam und immer wieder eine willkommene Auflockerung zwischen
den packenden Lesungen Kerzels. Denn eine Geräusch-Untermalung gibt
es leider nicht.
„Das Erwachen“ weiß durch eine gekonnte
Mixtur aus Spannung, Grusel, morbiden Widerwärtigkeiten, Brutalität
und Sex zu überzeugen und darf in keiner Horror-Sammlung fehlen. Der
Preis von ca. 35 EUR ist ebenfalls vertretbar (5 EUR pro randvoller CD).
Bleibt zu hoffen, dass LPL Records auch
die restlichen Teile der Necroscope-Saga nach und nach vertont. Denn „Das
Erwachen“ hat mich vollends überzeugt.
Hörspiegel-Skala: | |
1. Story | ![]() |
2. Atmosphäre | ![]() |
3. Sprecher | ![]() |
4. Soundtrack | ![]() |
5. Aufmachung | ![]() |
ENDERGEBNIS (gerundet) | ![]() |
(Nico Steckelberg, © 2002 Der Hörspiegel )