Hörspiegel-Meinung (ste):
Kai Meyers Buchtrilogien führten
die Leser in ein fantastisches Venedig ("Merle-Trilogie"), in eine verzauberte
Karibik ("Wellenläufer-Trilogie") und in ein China, in dem Drachen
und Menschen gemeinsam gegen die bösen Mächte kämpfen ("Wolkenvolk-Trilogie").
Drei grundlegend unterschiedliche Serien, die zwei Gemeinsamkeiten hatten:
Zum einen die außergewöhnlichen und überraschenden Fantasy-Elemente,
zum anderen das Zielpublikum "Jugend" (wobei die Trilogien immer auch erwachsene
Leser ansprechen).
Nun entführt uns Kai Meyer in den Orient, genauer gesagt in ein zauberhaftes wie gefährliches Samarkant, in dem der Schmuggler Tarik al-Jamal seinen Lebensunterhalt mit illegalen Fliegenden-Teppich-Rennen verdient. Tarik gilt im Samarkanter Untergrund als unschlagbar auf dem Gebiet der Teppichmagie. Und er reitet ihn wie kein anderer. Bis zu dem Rennen, in dem gleich zwei Unglücke auf hinter einander geschehen. Zum einen wird er von seinem verfeindeten Bruder Junis auf dessen Teppich bedrengt, doch Tarik schafft es ihn abzuwimmeln. Das zweite Problem jedoch kostet Tarik den Sieg, wenn nicht sogar noch mehr. Er trifft auf Sabatea. Besser: Er überfliegt sie. Von seinen Kontrahenten verfolgt und von der Palastwache gesucht bleibt ihm nicht viel Zeit für Diskussionen und Überlegungen. Er nimmt Sabatea auf dem Teppich mit, bemerkt jedoch schnell, dass er das Rennen nicht mehr gewinnen kann. Dafür erhält er jedoch eine ganz andere Belohnung. Und Kai Meyer präsentiert seinen Lesern erstmals eine Liebesszene auf einem fliegenden Teppich. Bezaubernd. Das alles passiert in den ersten Minuten des Hörbuches, und es folgt noch so viel mehr Action, Emotion, Fantasy und Gefahr. Denn Sabatea bittet Tarik, sie für eine Entlohnung durch das Dschinnland nach Bagdad zu begleiten. Doch Tarik lehnt ab. Er hat seine Geliebte Maryam an die blutrünstige und grauenvollste Kreature unter den Dschinnen, den Narbennarren, verloren. Als Sabatea sich jedoch an Junis wendet und dieser sie für eine hohe Entlohnung zu begleiten anbietet, sieht Tarik keine andere Möglichkeit als ihnen zu folgen. Er möchte nicht noch jemanden an die Dschinne verlieren. Doch die Reise ist nicht so gefährlich wie Tarik erwartet hat. Sie ist um Längen gefahrvoller.
Kai Meyer erfindet die Wüste zwischen Samarkant und Bagdad neu. Eine ungastliche Einöde voller Dschinne, Kettenmagier, Elfenbeinpferde und auf Wirbelstürmen reitenden Menschen. Die hier dargebotene Morbidität, das zahlreiche Blutvergießen sowie die (leider in diesem Teil nicht wiederholte) Liebesszene vom Anfang zeigen deutlich: Die "Sturmkönige"-Trilogie ist nichts für Kinder und Jugendliche. Es ist vielmehr ein fantastisches Abenteuerbuch für Erwachsene. Mit Kreaturen, die wie eine Mischung aus "1.001 Nacht" und "Hellraiser" wirken, mit unvorhersehbaren Wendungen, ohne dem Leser bzw. Hörer die Befriedigung gewisser Vorahnungen zu nehmen. Auch die Einstiegs-Motivation der Protagonisten ist anders arrangiert als bei anderen Meyer-Büchern. Hier stehen Auftrag und Entlohnung im Vordergrund für die Entscheidung, sich auf die abenteuerliche Reise zu begeben. Und alles weitere ergibt sich während der Reise. Auch gibt es keinen mystischen Ort oder Gegenstand, den es zu finden gilt. Hier zählen allein die Mission und die zwischenmenschlichen (oder zwischendschinnlichen) Beziehungen zwischen den handelnden Personen. Dennoch ist "Dschinnland" ein typisches Kai-Meyer-Buch und ein hervorragender Auftakt in eine Fantasy-Trilogie für Erwachsene.
Gelesen wird das Hörbuch von Andreas Fröhlich (alias Edward Norton, John Cusack und "Bob Andrews" von den Drei ???), der dem Buch mit seiner markanten Stimme Leben einhaucht. Ohne Zweifel einer der besten Sprecher, die Deutschland zu bieten hat.
"Die Sturmkönige" erscheint auf 6
CDs in bearbeiteter Buchfassung bei Lübbe Audio. Absolute Empfehlung
für alle Freunde von guter Fantasy vor historisch angelegten Handlungsorten.
Hörspiegel-Skala: | |
1. Story | ![]() |
2. Atmosphäre | ![]() |
3. Sprecher | ![]() |
4. Soundtrack | ![]() |
5. Aufmachung | ![]() |
ENDERGEBNIS (gerundet) | ![]() |