Klaus Kinski - Hörspiele
"Sechs Gramm Caratillo" /
"Die Nacht allein"

© 2002 Random House / BMG
Rückentext:
Mit Sicherheit eine der Wiederentdeckungen des Jahres: Klaus Kinski hat Anfang der 60er Jahre für den Hessischen Rundfunk in diversen Hörspielen mitgewirkt, darunter in dem ausgezeichneten Solo - Hörspiel "Sechs Gramm Caratillo" von Horst Bienek. In diesen Hörspiel spielt Kinski einen Wissenschaftler, der sich in einem Selbstversuch eine tödliche Dosis Gift injiziert und sein Sterben gleichzeitig auf einem Tonband dokumentiert. Dieses bedrückende und zugleich faszinierende Stück zieht jeden Hörer unweigerlich in seinen Bann. Geradezu atemberaubend spricht Kinski diese Figur - endlich wird es nun wieder zu hören sein. Das zweite Hörspiel "Die Nacht allein" von Wolfgang Graetz zeigt Kinski in der Rolle eines Verlorenen, eines Suchenden inmitten einer anonymen Stadt. Unterstützt von weiteren Schauspielern entwickelt sich eine beklemmende Atmosphäre, die sich auch auf Zuhörer überträgt - ein weiterer echter Kinski.

Hörspiegel-Meinung (tw):
Eine in der Tat wertvolle Wiederentdeckung stellen diese verloren geglaubten Aufnahmen aus den frühen Sechzigern dar, die mustergültig beweisen, dass auch mit wenig Mitteln ganz intensive Atmsophären inszeniert werden können. Im Zweifelsfall reichen gute Ideen, herkömmliche Aufnahme-Geräte und ein Charakter wie Klaus Kinski, dessen ungewöhnliches Talent auch nicht durch Schundfilme in den Dreck gezogen werden kann.
Doch bleiben wir bei den guten Ideen: Horst Bieneks „Sechs Gramm Caratillo" ist ebenso einfach wie genial, für Kinski geradezu eine Steilpassvorlage. Ein Wissenschaftler, der die tödliche Wirkung von Caratillo am eigenen Leib dokumentieren möchte, zeichnet seine - wie er durch Berechnung selbst glaubt - letzte halbe Stunde auf einem Tonband auf.
Daraus ergibt sich eine vorhersehbare Dramaturgie, welche den Hörer jedoch umso mehr fesselt, da Kinski mit den Vorstellungen des Hörers, welcher sich in den Protagonisten hinein versetzt, ganz famos und skrupellos spielt...
 
Obwohl auf den ersten Eindruck thematisch harmloser, wirkt das zweite Hörspiel „Die Nacht allein" noch grausiger, um nicht zu sagen: entrückt. Kinski spricht einen Akademiker, der in einer ihm fremden Großstadt vor die Endlosigkeit der möglichen Bekanntschaften gestellt, zwischen Erinnerungen an seine eigene tragische Vergangenheit, Alkohol und die Leere des Alleinseins und bleibens, langsam aber sicher dem Wahnsinn verfällt. Jegliche Sicherheiten lösen sich im Nichts von Smalltalks an Bars und durchaus tiefgründigen, aber dennoch im Morast des Jetzt versickenden Gedanken eines Portiers auf. So viele Menschen, doch wie schon in Hesses „Im Nebel" bleibt nur die schonungslose Feststellung: „Jeder ist allein." Beklemmend, bedrückend, städtisch finster, hörspieltechnisch ein Äquivalent zu Ulvers Meisterwerk „Perdition City".
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story 
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Thor Wanzek, © 2002 Der Hörspiegel )