Hörspiegel-Meinung (ste):
Edgar Freemantle
war in seinem „alten Leben“ Bauunternehmer. Ein sehr erfolgreicher sogar.
Und um Geld brauchte er sich Zeit seines Lebens nie mehr Gedanken zu machen.
Dann kam der Tag des Unfalls. Ein Bagger raste auf einer von Freemantles
Baustellen in dessen Fahrzeug, zerquetschte seinen Kopf und nahm ihm seinen
rechten Arm. Seither ist Edgar Freemantle anders geworden. Jähzornig.
Seine Ehe ging dabei in die Brüche.
Dann fasst Edgar
einen Entschluss: Er zieht sich zusammen mit seiner Aggressionsabbau-Puppe
Reba auf die Florida-Insel Duma Key zurück, mietet sich dort ein Haus
– auf unbestimmte Zeit. Er hat die Zeit, zu sich zurück zu finden.
Und er lernt andere Inselbewohner kennen. Z.B. seinen Nachbarn und später
Freund Wireman und die Dame, die er betreut: Elizabeth Eastlake. Ihr gehört
die Insel.
In der Abgeschiedenheit von Duma Key – weit weg von seinem „alten Leben“ und seiner Familie (Freemantle hat zwei Töchter), möchte Edgar mit Pinsel und Leinwand sein Leben wieder in den Griff bekommen. Wundersamerweise kann er hervorragende Bilder malen. Sürreale, phantastische Bilder. Und Edgar merkt, dass mehr hinter den Bildern steckt... Schon bald merkt Edgar, dass das Malen seine einzige Möglichkeit ist, das Phantomjucken in seinem rechten, amputierten Arm zu stillen. Das Malen verselbständigt sich – Edgar Freemantle wird angeboten, eine Ausstellung in einer renommierten Galerie zu veranstalten. Ein großer Erfolg! Er hat wieder Kontakt zu seiner Familie, seine Aggressionen scheinen abzunehmen. Sein Leben scheint wieder in den richtigen Bahnen zu laufen. Einzig Elizabeth Eastlake warnt Edgar vor dem was einst mit ihrer Familie passiert ist, doch es ist schwer zu unterscheiden, was wahr ist und was eine Folge ihrer Alzheimer’schen Erkrankung. Freemantle recherchiert und kommt zu einem erschreckenden Schluss: Etwas auf der Insel verleiht ihren Bewohnern fantastische Kräfte – mit schlimmen Folgen. Denn Freemantles Bilder sind keine normalen Bilder. Sie sind sehr gefährlich.
Stephen King ist ein Phänomen – entweder empfinde ich seine Geschichten als flach und langweilig oder als komplex und hervorragend. Es gibt für mich kaum etwas dazwischen. „Wahn“ ist für mich, das beste, das ich seit „The Green Mile“ von Stephen King gelesen bzw. in diesem Falle gehört habe. Kings neuer Erzählstil (wie bereits in „Love“ praktiziert) hat lange biografische Passagen. Man lernt die Charaktere und deren Leben sehr gut kennen, sie wachsen einem ans Herz, wenngleich dies nicht immer leicht ist auf Grund ihres Verhaltens. Lange Passagen handeln in der Realität, so könnte es auch im normalen Leben sein, und dann – PAFF – kommt eine unheimlich-phantastische Szene. Und mit der Zeit werden es immer mehr, bis mal sich am Ende in einem grandiosen Fantasy-Horror-Spektakel wiederfindet. Und die ganze Entwicklung fast ohne, dass man sie bemerkt hätte. Das hat King ganz hervorragend lelöst!
Apropos hervorragend: David Nathan als Interpret dieses Hörbuches war die richtige Wahl. Eine tolle Lesung, Nathan (u.a. dt. Stimme von Johnny Depp und Christian Bale) führt den Hörer sicher durch die emotionalen Höhen und Tiefen des Hörbuches.
Fazit: Die 20 CDs
des Hörbuches werden nicht langweilig. Man verschlingt sie geradezu.
„Wahn“ ist ein phantastischer Roman, der sich weit über die Genregrenzen
des Horrors entwickelt.
Hörspiegel-Skala: | |
1. Story | ![]() |
2. Atmosphäre | ![]() |
3. Sprecher | ![]() |
4. Soundtrack | ![]() |
5. Aufmachung | ![]() |
ENDERGEBNIS (gerundet) | ![]() |