Carsten Sebastian Henn
"Vino Diavolo"

© 2008 EMONS Verlag
Rückentext:
Die prachtvollen Martinsfeuer auf den Hügeln rund um Ahrweiler sind noch nicht erloschen, da wird bei der Eisweinlese am Kloster Calvarienberg eine Leiche gefunden: Julius Eichendorffs schärfster Konkurrent – tiefgefroren in einem Block Eis. Schnell gerät der Chef der »Alten Eiche« unter Mordverdacht. Zu allem Unglück kann er sich wegen eines ausgewachsenen Vollrauschs in der Tatnacht an nichts erinnern. Julius versucht verzweifelt, seine Unschuld zu beweisen, doch seine Chancen stehen schlechter als die eines Eiswürfels in der Hölle.

Hörspiegel-Meinung (ste):
Und wieder einmal ein neuer Fall für Julius Eichendorff, den Sterne-Koch aus dem Ahrtal, den sein kriminalistisches Gespür nicht los zu lassen scheint.

Diesmal jedoch wird ihm der Fall persönlicher als ihm lieb wäre. Ein bekannter Sternekoch macht Julius Eichendorffs "Alter Eiche" Konkurrenz. Und das treibt ihn nahe an den Ruin, denn sein größter Kontrahent versteht sein Handwerk. Nicht genug des Stresses, denn Eichendorff möchte zu seiner eigenen Hochzeit DEN Wein kredenzen und verköstigt im Keller des Weinkelterers seines Vertrauens so manches feine Tröpfchen. Als er wieder aufwacht, ist er nicht mehr im Weinkeller, sondern liegt - nur mit einer dünnen Decke - im Weinberg. Er hat einen Filmriss! Es ist der frühe Morgen der Eisweinlese. Doch die kostbaren gefrorenen Reben drohen von der aufgehenden Sonne aufgetaut zu werden... warum hat die Weinlese noch nicht begonnen? Dann erkennt Eichendorff den Grund: Alle Helfer starren auf einen großen Eisblock, der mitten im Weinberg steht. Und in dem Eis gefangen: Die Leiche von Julius' Konkurrenten. Eichendorff gerät schon bald unter Mordverdacht. Dumm nur, dass sich an keine Einzelheit der Nacht erinnern kann.

Als großer Freund von Henns kulinarischen Krimis hatte ich auch wieder große Erwartungen an "Vino Diavolo". Diese wurden in großen Teilen erneut erfüllt. Die Ermittlungsmethoden sind so ideen- und einfallsreich und innovativ, dass es eine Wonne ist, zuzuhören. Eichendorffs kulinarische Denkweise trägt dazu einen nicht unerheblichen Teil bei.

Was meine Erwartungen diesmal nicht vollends erfüllt hat, ist das Aufstoßen einiger Türen, die nicht konsequent logisch bzw. dramaturgisch geschlossen werden. Nimmt man beispielsweise das Stilmittel der Blackouts / der Filmrisse, so baut dieses beim Hörer große Erwartungen auf, dass es ein weiteres, tieferes Geheimnis um selbige gibt. Diese Hoffnung wird nicht erfüllt. Auch der furiose Auftakt, bei dem Eichendorff eine Kuh aus dem Himmel auf die Motorhaube fällt, beginnt als Feuerwerk des "Creative writings" und verläuft sich leider im Sande. Bis zuletzt habe ich darauf gewartet, zu erfahren, was wirklich dahinter steckt, weil ich mich mit einer "Erklärung light" nicht recht zufrieden geben wollte.

Dennoch: Wir reden hier von einem Kriminalroman der gehobenen Klasse, mit tollen Charakteren und Schauplätzen. So bunt und schillernd wie das kaum ein anderer Krimiautor vermag. In Kombination mit von der Lippes Interpretation der Charaktere offenbart sich die Vollmundigkeit von Henns Geschichten. Jürgen von der Lippe ist einfach ein Hörbuch-Gott!
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Nico Steckelberg, © 2008 Der Hörspiegel )