Hörspiegel-Meinung (ste):
Märchen sind von jeher als Gute-Nacht-Geschichten
für Kinder bekannt und dazu gedacht, wichtige Pointen und Anekdoten
über Generationen hinweg weiterzugeben.
Und wer kennt sie nicht, die Abenteuer
von Hänsel und Gretel, Schneewittchen oder dem Struwwelpeter. Zwar
sind diese Märchen immer von latent vorhandener Brutalität und
Blutrünstigkeit gekennzeichnet, doch jedes Kind weiß: Märchen
haben immer ein gutes Ende, komme, was wolle!
Doch das Hörspiellabel LPL Records
beweist uns, dass es auch anders geht.
Auf der Doppel-CD „Gruselmärchen
mit Alptraumgarantie“ bleibt ein junger Schriftsteller des Nachts mit dem
Auto liegen und findet Hilfe bei einem netten Herrn, der in dieser Nacht
nicht schlafen kann. Kurzerhand setzen sich beide an den Kamin, und der
Schriftstelller packt seine Manuskripte aus, um sie seinem Gastgeber vorzulesen.
LPL Records liefert mit „Gruselmärchen
mit Alptraumgarantie“ eine gekonnte Mischung aus Hörspiel und Lesung
ab. Die Rahmenhandlung zwischen Schriftsteller und Gastgeber, versetzt
mit einigen atmosphärischen Geräuschen (Ticken der Uhr, Knistern
des Kamins, Rascheln des Papiers), wird immer wieder mit den die Lesungen
des Märchen-Autors versetzt. Diese Lesungen sind teilweise mit leiser,
spannungsgeladener Elektro-Musik der Gruppe „Mountain Birds“ versetzt.
Im Booklet steht geschrieben, dass fünf
der sechs Märchen auf Stoff unbekannterer Grimmscher Hausmärchen
basieren. Und diese von Stephen B. Taylor und Lars Peter Lueg weiterentwickelten
Ideen haben es in sich. Ich möchte nicht auf die einzelnen Stücke
eingehen, die sollten Sie sich schon selbst anhören. Doch alle haben
eines gemeinsam: sie sind abgrundtief böse und enden so unheilvoll
wie kaum ein anderes Märchen. Blutrünstig und schwarz, so dass
man mitunter auch von „Horrormärchen“ sprechen darf. In Kinderhände
gehört dieses CD-Pack folglich nicht.
Stéphane Bittoun, der mit seiner
gefühlvollen Betonung eine überaus gruselige Atmosphäre
zu schaffen vermag, leiht dem Hauptdarsteller seine Stimme. Der Gastgeber,
der sich am Ende der Rahmenhandlung unerfreulicher Weise als ein „alter
Bekannter“ entpuppt, wird von Lars Peter Lueg, dem Mann hinter LPL Records,
verkörpert. Auch er leistet gute Arbeit, wenn ich mir für diese
im Endeffekt bösartige Rolle auch gut einen Joachim Kerzel hätte
vorstellen können. Dennoch gefällt mir die sprecherische Umsetzung
gut.
Was mir leider nicht so gut gefällt,
ist die Aufmachung. Quietschbunt und minimalistisch. Hier hätte ich
mir statt eines Strichmännchens mit abgerissenem Arm ein passend düsteres
Layout, vielleicht mit dem Bild eines verfallenen Schlosses oder ähnlichem
gewünscht. Doch davon sollten sich interessierte Hörer nicht
abschrecken lassen, denn die Doppel-CD hält, was ihr Titel verspricht.
Die „Gruselmärchen mit Alptraumgarantie“
bieten über zwei Stunden Gänsehaut. Die Garantie wird in der
Tat eingehalten. Blutig, grauenvoll, böse und schaurig-genial.
Hörspiegel-Skala: | |
1. Story | ![]() |
2. Atmosphäre | ![]() |
3. Sprecher | ![]() |
4. Soundtrack | ![]() |
5. Aufmachung | ![]() |
ENDERGEBNIS (gerundet) | ![]() |