Umberto Eco
"Baudolino"

© 2002 Der HörVerlag
Rückentext:
Baudolino, ein schlitzohriger Bauernbengel aus dem Piemont (wo auch ein gewisser Umberto Eco zur Welt kam), biegt mit seinen dreisten Lügen den Lauf der Dinge um. Zum Beispiel im Jahr 1154, als der 13-jährige Baudolino dem großen Barbarossa einen Bären aufbindet. Fortan ist er als kaiserlicher Ziehsohn mit dabei, wenn Geschichte geschrieben wird: Und lehrt uns die auch heute noch gültige Einsicht, dass Geschichtsschreibung in erster Linie die Fälschung von Geschichte ist. Warum wollte Barbarossa wirklich ins Heilige Land? Und war es tatsächlich ein Badeunfall, bei dem er unterwegs umkam? Wenn Baudolino die Gebeine der Heiligen Drei Könige für den Transport nach Köln aufmotzt, einen Brief des mythischen Priesterkönigs Johannes fingiert oder falsche Reliquien in Umlauf bringt, dann wird klar, was schon Ecos Landsmann Italo Calvino formulierte: "Es gibt keine Wahrheit außer der Fälschung."

Hörspiegel-Meinung (ste):
Der italienische Autor Umberto Eco ist bekannt für intelligente Romane mit exzellent recherchierten historischen Hintergründen.
Sein neuester Roman „Baudolino“ handelt von dem Bauernjungen desselben Namens, der durch sein erzählerisches Geschick zum Ziehsohn Friedrich Barbarossas wird. Was folgt, ist Baudolinos Geschichte, die einiges gemeinsam hat mit der Geschichte Friedrichs. Und durch seinen Ideenreichtum gelingt es Baudolino, den Lauf der Dinge zu ändern – so dass einige Ereignisse, die wir aus den Geschichtsbüchern kennen, einen gänzlich anderen Hintergrund bekommen als den, den die Historiker lehren.
 
Es gelingt Eco, viele verschiedene Stile in „Baudolino“ zu vereinen: den klassichen historische Roman, der sich zur Kriminal-Story entwickelt und Tendenzen zur Romanze aufweist und gegen Ende mit Fantasy-Einlagen aufwartet – und immer wieder zahlreiche humoristische Elemente mittendrin.
Dieser anspruchsvolle Stoff wurde in einer Hörspielproduktion des NDR und SWR in Kooperation mit dem Hörverlag verarbeitet. Dabei hat der Regisseur Leonhard Koppelmann sehr gute Arbeit geleistet. Die Geräuscheffekte wirken immer authentisch, und der Sountrack wurde eigens vom Henrik Albrecht unter Mitwirkung des SWR Rundfunkorchesters Kaiserslautern für dieses Hörspiel komponiert und unterstreicht die dichte mittelalterliche Atmosphäre. Die Sprecher sind allesamt professionell. Allen voran natürlich Jens Wawrczeck, bekannt als „Peter Shaw“ von den „Drei ???“, der den Baudolino so herrlich vertont wie kein Zweiter. Neben Wawrceck agieren u.a. Peter Fricke, Irina Wanka, Sebastian Blomberg, Michael Mendl u.v.a. Die Auswahl der über 30 Sprecher ist sehr gut gelungen.
 
„Baudolino“ ist mit Sicherheit kein Hörspiel, das man zwischen Tür und Angel hören kann. Es erfordert Konzentration und kommt erst dann richtig zur Geltung, wenn der Hörer einen gewissen geschichtlichen Background aufweisen kann. Ist dies nicht der Fall, ist Baudolino aber trotzdem noch sehr hörenswert.
„Baudolino“ erschien als 5-CD-Pack mit umfangreichem und informativem Booklet im Hörverlag.
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story 
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)

(Nico Steckelberg, © 2003 Der Hörspiegel )