Hörspiegel-Meinung (tw):
Michail Bulgakows Erzählung gilt
dem Begleitheft zu Folge als Satire auf die durch die Stalin-Bürokratie
geförderte russische Bürger-Mentalität seiner Zeit. Wer
diesem Hörbuch lauscht, wird jedoch noch andere Seitenhiebe auf alltägliche
Gewissheiten entdecken – spätestens wenn der in die Psychatrie eingelieferte
Autor Besdomny darüber sinniert, dass doch ein jeder von uns an psychischer
Krankheit leide... Bereits Bulgakows Geschichte ist so verwegen, böse
und komplex, dass sie nur einer interessierten Leserschaft gefallen dürfte,
dieser jedoch umso mehr, da sich bei „Meister und Margarita“ eine komische
Szene an die nächste reiht.
Zu Lebzeiten hätte sich der russische Autor wohl kaum träumen lassen, dass sein skuriler Roman eines Tages als Hörbuch mit 75 Schauspielern in den Sprecherrollen umgesetzt würde. Dass sich der genaue jenseitige Aufenthaltsort des Herrn Michail Bulgakow von unserer Warte aus nicht ermitteln lässt, ist in so fern schade, als dass seine Meinung zur klangtechnischen Umsetzung von nicht unbedeutendem Interesse wäre, zumal unter der Bearbeitung und Regie von Petra Meyenburg eine Inszenierung Gestalt annahm, welche glücklicher Weise den (Hör-) Buch-Charakter gegenüber dem Spiel bewahrte. Das Vergnügen, einer nicht ganz alltäglichen Lesung bei zu wohnen, liegt zum Wesentlichen in der wirklich bemerkenswert einfühlsamen Lesart des Erzählers Jürgen Hentsch, der sich im Tonfall eines von den seltsamen Geschehnissen ambivalent faszinierten Berichterstatters Höchstnoten verdient. Amüsant, weil mit dem nötigen Humor vorgetragen, gerät Hermann Beyers Darstellung des dämonischen Katers Behemot, und auch Jürgen Holz brilliert in der Rolle des schelmischen, souverän-bösen Voland. So phantastisch sich die Handlung auf verschiedenen Ebenen entwickelt, so reserviert bis konservativ bleibt die Inszenierung, und das hat ein Gutes: es lässt dem Hörer genügend Freiraum zur Vorstellung eigener Bilder. Mit ein wenig Phantasie tun sich Welten auf!
Die musikalische Untermalung verschiedener
Szenen reicht vom absolut minimalistischen, monoton-dumpfen Trommelschlag
bis zur geisterhaft-grotesken Orgel-Melodie. In Anbetracht der Bandbreite
heutiger Möglichkeiten mag die Auswahl nahezu antiquiert anmuten,
doch sie erweist sich im Zusammenspiel mit der Geschichte als treffsicher
und stilvoll, da der ganz eigene atmosphärische Charakter der Erzählung
gewahrt bleibt. Unerklärlich bleibt hingegen die im Vergleich zur
Lesung viel zu hohe Lautstärke der Saxophon-Melodie, welche jedes
Kapitel einleitet und mir den einzigen Anlass zur Kritik bietet. Nicht
ohne Augenzwinkern ließe sich hier fest stellen: der Teufel liegt
eben doch im Detail...
Hörspiegel-Skala: | |
1. Story | ![]() |
2. Atmosphäre | ![]() |
3. Sprecher | ![]() |
4. Soundtrack | ![]() |
5. Aufmachung | ![]() |
ENDERGEBNIS (gerundet) | ![]() |