Michail Bulgakow
"Meister und Margarita"

© 2004 Hörverlag / mdr
Rückentext:
Im Moskau der Dreißiger Jahre ist der Teufel los: Ein gewisser Voland, Professor für Schwarze Magie, gibt zusammen mit seinen drei Mitarbeitern einige Vorstellungen im Variététheater. Dabei stellt er die Moskauer Gesellschaft der Stalinzeit gründlich auf den Kopf, er foppt, blamiert und schädigt alle. Nur zwei entgehen dem Chaos: ein gemütskranker Schriftsteller, der sich immer nur „Meister“ nennt und seine Geliebte Margarita...

Hörspiegel-Meinung (tw):
Michail Bulgakows Erzählung gilt dem Begleitheft zu Folge als Satire auf die durch die Stalin-Bürokratie geförderte russische Bürger-Mentalität seiner Zeit. Wer diesem Hörbuch lauscht, wird jedoch noch andere Seitenhiebe auf alltägliche Gewissheiten entdecken – spätestens wenn der in die Psychatrie eingelieferte Autor Besdomny darüber sinniert, dass doch ein jeder von uns an psychischer Krankheit leide... Bereits Bulgakows Geschichte ist so verwegen, böse und komplex, dass sie nur einer interessierten Leserschaft gefallen dürfte, dieser jedoch umso mehr, da sich bei „Meister und Margarita“ eine komische Szene an die nächste reiht.

Zu Lebzeiten hätte sich der russische Autor wohl kaum träumen lassen, dass sein skuriler Roman eines Tages als Hörbuch mit 75 Schauspielern in den Sprecherrollen umgesetzt würde. Dass sich der genaue jenseitige Aufenthaltsort des Herrn Michail Bulgakow von unserer Warte aus nicht ermitteln lässt, ist in so fern schade, als dass seine Meinung zur klangtechnischen Umsetzung von nicht unbedeutendem Interesse wäre, zumal unter der Bearbeitung und Regie von Petra Meyenburg eine Inszenierung Gestalt annahm, welche glücklicher Weise den (Hör-) Buch-Charakter gegenüber dem Spiel bewahrte. Das Vergnügen, einer nicht ganz alltäglichen Lesung bei zu wohnen, liegt zum Wesentlichen in der wirklich bemerkenswert einfühlsamen Lesart des Erzählers Jürgen Hentsch, der sich im Tonfall eines von den seltsamen Geschehnissen ambivalent faszinierten Berichterstatters Höchstnoten verdient. Amüsant, weil mit dem nötigen Humor vorgetragen, gerät Hermann Beyers Darstellung des dämonischen Katers Behemot, und auch Jürgen Holz brilliert in der Rolle des schelmischen, souverän-bösen Voland. So phantastisch sich die Handlung auf verschiedenen Ebenen entwickelt, so reserviert bis konservativ bleibt die Inszenierung, und das hat ein Gutes: es lässt dem Hörer genügend Freiraum zur Vorstellung eigener Bilder. Mit ein wenig Phantasie tun sich Welten auf!

Die musikalische Untermalung verschiedener Szenen reicht vom absolut minimalistischen, monoton-dumpfen Trommelschlag bis zur geisterhaft-grotesken Orgel-Melodie. In Anbetracht der Bandbreite heutiger Möglichkeiten mag die Auswahl nahezu antiquiert anmuten, doch sie erweist sich im Zusammenspiel mit der Geschichte als treffsicher und stilvoll, da der ganz eigene atmosphärische Charakter der Erzählung gewahrt bleibt. Unerklärlich bleibt hingegen die im Vergleich zur Lesung viel zu hohe Lautstärke der Saxophon-Melodie, welche jedes Kapitel einleitet und mir den einzigen Anlass zur Kritik bietet. Nicht ohne Augenzwinkern ließe sich hier fest stellen: der Teufel liegt eben doch im Detail...
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Thor Wanzek, © 2004 Der Hörspiegel )