Martin Beyer
"Hinter den Türen"

© 2004 Eskapis
Rückentext:
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Hörspiegel-Meinung (ste):
Ein sehr außergewöhnliches Hörbuch erhielt ich vom Label „Eskapis“.

„Hinter den Türen“ ist ein Musik-Hörbuch nach dem gleichnamigen Roman von Martin Beyer, welcher sich zweier verschiedener Ursprünge bzw. Inspirationsquellen bedient. Zum einen fungiert die „Krabat-Sage“ als Story-Lieferant. Darüber hinaus spielen zahlreiche Story-Elemente der Band „Janus“ in Beyers Story eine Rolle. Als „Janus“-Hörer habe ich viele Textstellen aus den Alben „Vater“ und „Schlafende Hunde“ wortwörtlich  wiedergefunden. Z.B.: „Es war liebe auf den ersten Blick, auf den letzten Blick, auf jeden Blick, Dolly“ (aus dem Song „Lolita“). Es gibt einen Eissee („Unter dem Eis / „Kommt herunter“) und  blonde Locken („Der Flüsterer im Dunkeln“). Nun ja, man freut sich, die Parallelen zu erkennen, wenn man Janus mag. Denjenigen, die die Band nicht kennen, wird dies nicht weiter auffallen.
Die Story an sich ist recht einfach gehalten: Junger Mann zieht durch die Lande, trifft seine Liebe. Geht aber nicht gut. Er findet dann Halt bei den Gesellen einer Mühle. Hier wird es leicht Potter-mäßig (Zauberschule). Das Ende der Story ist offen. Alles in allem bin ich nicht so überzeugt, weil sich kein roter Faden zeigt, und die Moral erst durch das letzte Story-Element (die Mühle) eingeschleust wird. Ich kenne allerdings auch die „Krabat“-Sage nicht, somit kann ich nicht sagen, welche Elemente von Martin Beyer sind, und welche aus der Sage stammen.

Martin Beyer ist übrigens auch der Hauptsprecher des Hörbuches. Hier liegt meines Erachtens das große Manko der Produktion. Während Lars Camping als "Zwischendurch"-Erzähler eine befriedigende Leistung abliefert, so ist Beyers Ausdrucksweise und Betonung stark gewöhnungsbedürftig. Jeder 2. Satz klingt gleich betont, egal ob gerade Gefahr, Liebe oder Angst  im Vordergrund stehen. Ich kam mir stellenweise vor, wie bei einer Esoterik-CD, bei der mir der Sprecher sagt, ich solle meine Augen schließen und mir vorstellen, ich säße auf einer grünen Wiese. Um mich herum fliegen Schmetterlinge. Will heißen: Martin Beyer spricht so schwärmerisch und auch leicht säuselnd, dass sich kaum Atmosphäre einstellt. Die wird hauptsächlich durch die akustischen Gitarrensounds von Gerald Kubik erzeugt, die durchgehend zu hören sind. Das macht das Hörbuch dann wieder sehr angenehm und hörenswert. Wer überlegt, sich dieses Musik-Hörbuch anzuschaffen, dem empfehle ich ein Probe-Ohr zu riskieren. Denn der Sprecher ist sehr sehr außergewöhnlich. Mein Fall ist er z.B. überhaupt nicht. Ist vielleicht Geschmackssache.
Die Aufmachung ist hingegen etwas ganz Besonderes: Eine bedruckte Pappschachtel (kein DigiPak!), darin ein Infoblatt und die CD. Sehr interessant gemacht. Übrigens ist die Coverillustration von Oliver Schlemmer, seines Zeichens Stammgrafiker von „Janus“.

Und so bin ich hin- und hergerissen und kann bei der Skala von „sehr gut“ über "Mittel" bis hin zu „überhaupt nicht gut“ in den einzelnen Bereichen fast alles vergeben. Ich würde mir wünschen, dass Eskapis das Niveau von Aufmachung und Soundtrack beibehalten, alles andere ist meiner Meinung nach relativ leicht zu verbessern.
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story 
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Nico Steckelberg, © 2004 Der Hörspiegel )