Alessandro Baricco
"Land aus Glas"
Klassiker-Review

© 1998 Steinbach Sprechende Bücher
Rückentext:
Die Geschichte von Jun, deren Lippen jeden, der sie ansieht, verrückt machen, von Mr. Rail, ihrem Ehemann, der jedesmal, wenn er von einer Reise zurückkehrte, ein kleines Kästchen mit einem Juwel vorausschickte, von Horace, dem genialen Architekten, der mit Mr. Rails Hilfe einen Glaspalast von noch nie dagewesenen Ausmaßen errichten will...

Hörspiegel-Meinung (ste):
Quinnipak – eine Stadt im Europa des 19. Jahrhunderts. Eine Stadt voller seltamer, interessanter, bemerkenswerter und außergewöhnlicher Bewohner.
 
Da gibt es den reichen Glasfabrikbesitzer Mr. Rail, dessen Herzenswunsch es ist, eine Eisenbahnlinie zu bauen. Das Ziel dieser Strecke ist ihm Einerlei, ihm kommt es darauf an, dass sie kilometerlang schnurgeradeaus mit hoher Geschwindigkeit fährt. Dann gibt es da noch Jun, seine Frau, deren Lippen alle Männer willenlos verfallen. Pekisch, der Musiker des Ortes, ist auch in Sachen Erfindungsreichtum nicht zu unterschätzen. So kann er nicht nur jeden Ton auf Anhieb erkennen, sondern ist der Leiter des Humanophons, eines Instrumentes, das aus den Bewohnern der Stadt besteht. Zusammen mit seinem jungen Freund, der jeden Tag einen Eintrag in sein „Wissens-Buch“ schreibt, erfindet er wundersame Dinge. Dann gibt es noch Horace, den Pariser Architekten, der mit Plänen für einen riesigen Glaspalast nach Quinnipak kommt. Und... und... und... die Vielfalt der Persönlichkeiten und der detailgetreue Ideenreichtum dieses Buches weiß kein Ende zu finden.
 
Alessandro Baricco ist ein Genie der Sprache. Er beherrscht es wie kein anderer, durch geschickte Wiederholungen und präzise Wortwahl eine Welt zu schaffen, die es so wahrscheinlich nie gegeben hat. Intensiv, verspielt und wie die Szenen eines Traumes. Mitreißend und voller Gefühl. Phantastisch und doch erschreckend real. Es geht um Wünsche, Träume, Eigenarten, Faszination, Staunen, Geschwindigkeit, Zeit, Schönheit, Liebe und Tod. Und alles dreht sich um das modernste aller Fortbewegungsmittel – die Eisenbahn – und nicht zuletzt um Glas. Das ganze verpackt mit der sürrealen Atmosphäre eines Jean-Pierre Jeunet / Marc Caro-Films.
 
Gelesen wird „Land aus Glas“ von Christian Brückner, der als deutsche Synchronstimme von Robert DeNiro bekannt ist. Er verleiht jedem Charakter ein eigenes Leben, schafft Atmosphären, wie Baricco sie sich nicht besser hätte wünschen können und schafft mühelos jeden noch so schnellen Stimmungswechsel. Es ist eine Wonne, ihm zuzuhören und seine Stimme als Taucherglocke in die schneekugelartige Welt des Alessandro Baricco zu nutzen.
 
Der Verlag Steinbach Sprechende Bücher liefert „Land aus Glas“ als ungekürzte Lesung auf 5 Kassetten in einem wundervoll gestalteten Pappschuber aus. Das Artwork unterstreicht die Thematik und Atmosphäre des Hörbuches aufs Vorzüglichste.
 
„Land aus Glas“ ist ein Klassiker für jeden, der gern mit offenen Augen träumen möchte und keine Angst vor Wundern hat. Phantastisch, bezaubernd und verändernd... „einfach so".
 

Hörspiegel-Skala:
1. Story
2. Atmosphäre
3. Sprecher
4. Soundtrack
5. Aufmachung
ENDERGEBNIS (gerundet)
(Nico Steckelberg, © 2003 Der Hörspiegel )