Welle: Erdball, eine der Bands, die sich schon seit 1993 elektronische Musik in die Ohren der Hörer sendet, bringt ein aufwändiges Nneues Album auf den Markt. Um den Hörspiegel-Lesern neben einer Rezension zum Album auch weitere Informationen bieten zu können, stand Welle:Erdball dem Hörspiegel in einem, wie könnte es bei einer technisch versierten Band auch anders sein, zu einem E-Mail-Interview zur Verfügung (MB).
Michael Brinkschulte (Hörspiegel): Ein freundliches "Hallo" an Welle: Erdball!
Honey (Welle: Erdball): Das können wir nur zurücksenden: "Hallo, hier spricht Welle: Erdball..."
Hörspiegel: Lange ist es her, seit ich Welle: Erdball kennen gelernt habe. Als erstes Stück ist mir "Sinnlos" zu Ohren gekommen. Damals 1993, noch vor der Veröffenlichung des ersten Albums, fand sich dieses Stück auf dem limitierten "An Ideal For Living" Sampler. Gibt es noch Erinnerungen an die Zeit vor dem "Frontalaufprall" oder lebt Welle: Erdball eher im Jetzt?
Welle: Erdball: Da wir für die Dokumentations-DVD, welche der neuen Sendung beiliegt, sehr viel "altes" Material in Bild und Ton gesichtet haben, u.a. auch den "Ideal for Living-Sampler", sind die Erinnerungen an alte Zeiten noch sehr präsent. Natürlich leben wir noch im Jetzt, wenn nicht gar in der Zukunft, doch dies alles kann vielleicht auch erst auf dem Boden schöner Erinnerungen laufen lernen.
Hörspiegel: Welle: Erdball hat sich in den Jahren des Bestehens im Bereich der männlichen Mitglieder nicht verändert. Honey und A.L.F. und den guten C=64 findet man in jedem Booklet. Wie kommt es, dass es bei den weiblichen Stimmen immer wieder Veränderungen gab? Isa (Frontalaufprall), Xenia (Tanzpalast 2000, alles ist möglich, Sinn des Lebens), Soraya und KayCat (Wunderwelt der Technik), Frl. Venus + Soraya (nur tote Frauen sind schön).
Welle: Erdball: Es ist nicht sehr leicht mit Frauen zu arbeiten... und hier ist auch meist ein Zeit- oder Ortsproblem Ausschlaggeber für eine Neubesetzung. Andererseits bringen neue wunderhübsche Frauen auch immer einen frischen Wind in das Funkhaus.
Hörspiegel: Noch einmal zum C=64 zurück: Die Zeit dieses Rechners ist ja schon seit Langem vorbei und einige Eurer heutigen Fans werden dieses, damals revolutionäre Gerät, gar nicht mehr kennen. Wird es Welle: Erdball jemals ohne geben?
Welle: Erdball: Ausschliessen kann man natürlich nichts, aber der Commodore 64 gehört nun mal dazu. Mit ihm hat mehr oder weniger alles angefangen und mit ihm wird irgendwann auch wieder alles aufhören. Aber totgesagte leben länger!
Hörspiegel: Coverversionen sind immer wieder einmal auf Welle: Erdball Alben zu finden bzw. Ihr habt welche zu Samplern beigesteuert. Wie kam es diesmal zur Auswahl das bisher wohl älteste Stück "Poupee de Cire" zu covern?
Welle: Erdball: France Gall ist eine wunderhübsche Frau mit einer wunderschönen Stimme, das Stück ist von dem begnadeten Produzenten Serge Gainsbourg produziert und gehört auf jeden Fall zu einem der Welle: Erdball-Lieblingslieder. Grund genug dieses Lied mal wieder in die Ohren der Hörer zu bringen.
Hörspiegel: Die Themen der Texte sind sehr vielfältig. Wie kommt Ihr zu den Themen und was ist dafür ausschlaggebend, dass ein Song auf ein neues Album kommt?
Welle: Erdball: Am Anfang steht das Konzept, z.B. perfekte Produkte mit einer gewissen Mystik ("Die Wunderwelt der Technik") oder aktuell das universelle oder mathematische Chaos "CHAOS TOTAL". Dann folgt die Recherche und zum Schluss kristallisieren sich die Themen eigentlich ganz von selbst heraus und müssen einfach nur noch aufgegriffen werden. Chaos in der Religion, in der Mathematik, im Krieg, in der Liebe, in der Technik, im Terrorismus, in der Umwelt, im Universum... Und wenn wir es berechnen könnten, wäre Gott wohl unser Sklave.
Und wir könnten!!!Hörspiegel: Das neue Album wird mit einer DVD erscheinen. Nachdem die letzte Veröffentlichung sich noch auf Vinyl zu den Fans bewegt hat scheint es ein Schritt in neuere Technologien zu sein. War es an der Zeit mit den Fans gleich zu ziehen?
Welle: Erdball: Scheiss auf neue Technologie! Diese popligen, silbernen Scheibchen gehören doch heute schon und zum Glück, zum alten Plastikplunder. Ein Datenspeicher mit 700 MB oder 8GB ist in der heutigen Zeit wohl eher lächerlich, wenn wir vom multimedialem Zeitalter sprechen. Und wenn sich Ihr Hörer nicht vor 20 Jahren diese CD-Abspielgeräte von SONY andrehen hätte lassen, würde diese Frage auch garnicht erst auftauchen.
Die Zukunft sollte doch eigentlich perfekt sein, das ist das Ziel, somit wären perfekte Produkte doch eine Grundvoraussetzung für solch eine Zukunft... Warum lassen wir uns dann immer so einen Schwachsinn von der Wirtschaft andrehen?Hörspiegel: Satte 22 Termine stehen auf dem Welle: Erdball Tourplan. Welchen Stellenwert hat eine Tour für Euch? Es gibt ja viele Bands, die nur CDs veröffentlichen und die Bühne scheuen.
Welle: Erdball: Und diese 22 Konzerte sind nicht mal alle... Der Reiz, gerade als "Elektronik-Band", die Musik auch visuell umzusetzen, ist allein durch seine Schwierigkeit sehr groß. Wir sind eine absolute "live"-Band und können auf zirka 800 Konzerte zurückblicken. Es macht sehr viel Spass und ist für uns auch die einzige Plattform, mal eine Resonanz und einen direkten Kontakt zum Hörer aufzubauen.
Hörspiegel: Elektronische Musik, wie sie von Welle: Erdball kommt, lässt immer wieder die Frage aufkommen, welche Vorbilder, Inspirationen und Einflüsse zu Grunde liegen.
Kurz: Was hören A.L.F. und Honey privat?Welle: Erdball: Da gibt es mal ein "copy & paste"...
A-HA, Beatles, Cure, Depeche Mode/DAF, Einstürzende Neubauten, France Gall, Gauzone, homo~futura, Ideal, Jean Michelle Jarre, Kraftwerk, Lars Falk, My Mine, Nichts, OMD, P1E, Q?, Rheingold, Siouxsie And The Banshees, The Human League, UV POP, Vive la Féte, Welle: Erdball, Xymox, Yazoo, ZaZa.
Und sehr viel aus dem Bereich Minimal, NDW und 70er Elektronik und natürlich der Independent-Szene!Hörspiegel: Nun noch eine letzte Frage:
Zeitweise wurde "Das Präparat" als 50% Seitenprojekt von Welle: Erdball gehandelt und beworben. Bei der zweiten Veröffentlichung des Projekts war schon alles vorbei. Was ist passiert? Wird es noch weitere Seitenprojekte geben oder nimmt Welle: Erdball zu viel Zeit in Anspruch?Welle: Erdball: Welle: Erdball nimmt zwar einen sehr grossen Teil der kreativen Zeit in Anspruch, aber das Defizit nach Neuem, so wie eine kleine Alternative zu Bestehendem, ist gegeben. So haben wir nach dem Präparat und nach der Erkenntnis, dass anfangs gute Freunde sich auch als Neider, Geldgeier und Vollidioten entpuppen können, das neue Seiten-Projekt "homo~futura" aus den Ruinen des Präparates erschaffen. Alle Informationen hier zu, sowie Hörproben, Videos und Weiteres entnehmen Sie bitte der Internetzplattform unter: www.homo-futura.de
Hörspiegel: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und bis bald auf der Tour!
Welle: Erdball: Wir bedanken und für das kleine, aber feine Interview, senden beste Grüße an Sie, sowie all Ihre Leser und wünschen eine gute und erfolgreiche Zukunft!
Sie hörten Honey / Welle: Erdball(Michael Brinkschulte, © 2006 Der Hörspiegel )