Einsamer Anruf Hot

Nico Steckelberg   23. März 2014  
Einsamer Anruf

Rückentext

"Haben Sie Skrupel, Melanie? Dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie nicht besser belegte Brötchen beim Stadtbäcker verkaufen sollten." "Ich kenne keine Skrupel, Viola. Ich dachte ja nur, dass es vielleicht besser wäre, wenn wir-" "Wir arbeiten hier nicht im Kindergarten! Obwohl sich in unserer Kartei auch Liebhaber von Windeln und Schnullern herumtollen. Aber zu Demonstrationszwecken ist dieser 'Gummi-Teddy' ein ideales Paradebeispiel menschlicher Abgründe und eine Vorschau auf das, was Sie hier erwartet. Erwarten kann..."

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
7,0
Atmosphäre 
 
8,0
Sprecher 
 
6,0
Soundtrack 
 
9,0
Aufmachung 
 
7,0
Gesamtwertung 
 
7,4

Der erste Tag als Hostess bei der Sexhotline und gleich einen Psycho-Stalker an der Strippe. Die Studentin Melanie gibt sich am Telefon als die lustvolle „Cordula“ aus, und das gefällt ihrem Anrufer so gut, dass er sie am liebsten mit einer „Kordel“ erdrosseln will. Und so nennt er sich selbst „Die schwarze Drossel“. Melanies Chefin – sonst die Coolness und Kaltschnäuzigkeit in Person – wird hellhörig, als sie erfährt, dass der Anrufer offenbar einen persönlichen Kontakt im realen Leben zu Melanie aufgebaut zu haben scheint.

André Minninger ist ein Spezialist für Anrufe mit Angstpotenzial, hat er dies doch bereits in seiner Buchvorlage zur 99. Folge der Drei ??? („Rufmord“) bestens unter Beweis gestellt. Als Gastautor für die Serie „Mindnapping“ darf er sich jetzt einmal komplett austoben, denn das Erwachsene Hör-Publikum offenbart gleich ganz andere Möglichkeiten. Sex und Gewalt, hier wird alles explizit ausgesprochen. Die Story an sich hat selbstverständlich ein Mindnapping-typisches unvorhersehbares Ende.

„Einsamer Anruf“ hat mich allerdings nicht so sehr fesseln können wie manch andere Folge der Serie. Das liegt für mich an den Dialogen und an der sehr überspielten Art, in der die Sprecherinnen und Sprecher sie umsetzen. Vor allem die von Gabi Libbach gespielte Hotline-Chefin wirkt wie aus der Retorte. Da ist nichts natürliches, vieles wirkt künstlich auf kalt getrimmt und bleiern abgelesen. Anja Topf hingegen hat als Melanie noch ein paar schöne Überraschungsmomente, die sie auch stimmlich okay herüberbringen kann. Beispielsweise finde ich ihre „sexy verstellte“ Stimme in der Tat richtig gut! Michael von Rospatt schießt hier jedoch den Vogel ab. Genauer gesagt: Die Drossel. Er wirkt bedrohlich verrückt als Psycho-Anrufer, überdreht jedoch stellenweise deutlich. Ich hätte mir von jedem der Hauptsprecher mehr Dynamik im Spiel gewünscht, nicht immer nur oben am Anschlag agieren.

Der Soundtrack ist eine kleine Überraschung. Jan-Friedrich Conrad, der die zweite, sehr beliebte Melodie der „Drei ???“ komponiert hat, liefert einen teils schrägen, teils spannungsgeladenen Score ab. Seine akustisch klingenden, aber elektronisch erzeugten Sounds sind verspielt, manchmal ein wenig jazzig und machen neugierig. Prima! Ebenso gut finde ich die Geräusche. Hier wird auch auf Details wie den Stimmhall geachtet, wenn die Umgebung von „Flur“ zu „Telefonkabine“ wechselt.

Fazit: Die Drei-M-Kombination „Minninger“, „Mindnapping“ und Conrads „Musik“ war Erfolg versprechend, bleibt aber in der Umsetzung ein Stückweit hinter den Erwartungen zurück.

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