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"Bissigkeit mit rotem Faden"

Ein Hörspiegel-Interview / © 2006 Der Hörspiegel
(Fotos & Cover ©  Primadonna / edel)
Wieder sind nun einige Jahre ins Land gegangen, in denen man von Witt zwar gehört hat, doch die Töne der Veröffentlichungn lagen zum Teil fern von denen der Bayreuth Reihe. Wie kommt es, dass sich in der Zwischenzeit ein musikalisch und, betrachtet man die Fotos auf den „Pop“-Cover, optisch anderer Witt zeigte?

Ich lass mich gerne von meinen Gefühlen treiben und sowohl meine Kompositionen, als auch mein Äußeres entspricht immer der Momentaufnahme des Schaffens. Alles kann morgen schon wieder anders sein. Statisches Verharren ist mir ein Greuel und so bemühe ich mich ständig um Veränderung, um mein Leben lebenswert zu halten!

Die ersten beiden Teile der „Werkreihe Bayreuth“ sind über Epic/Sony in den Vertrieb gelangt, das nachfolgende Album „Eisenherz“ erschien ebenfalls dort. Mit „Pop“ wechselte der Vertrieb nach SPV und nun erscheint „Bayreuth III“ bei Edel. Wie kam es zu diesen doch recht schnellen Wechseln innerhalb weniger Jahre?

Es ist immer ein Abwägen der Vor- und Nachteile. Ich versuche mich immer in die Richtung zu bewegen, die mir gut tut! Gelingt aber nicht immer!

Waren Sie bei „Bayreuth I“ und „Bayreuth II“ noch für alle Texte und den Großteil der Musik mit verantwortlich, so zeigte sich bei „Eisenherz“ eine Wende in eine andere Richtung. Hier wurden fünf der zwölf Texte nicht von Ihnen geschrieben. Bei „Pop“ stellte sich die alte Textertätigkeit wieder ein und nur „Mein Freund der Baum“, die Homage an Alexandra, stammte nicht aus Ihrer Feder. Wie kam es bei „Eisenherz“ zur Verwendung so vieler „Fremdtexte“ und in wiefern finden sich auf „Bayreuth III“ Texte anderer Texter wieder?

Bei EISENHERZ fühlte ich mich ziemlich ausgebrannt und mir fiel alles sehr schwer. Und so bat ich dann um Beistand. Das war natürlich für Nadja-Marie Saeger eine gute Gelegenheit, ihre Qualitäten als Texterin unter Beweis zu stellen. Ich schätze ihre Texte und habe es damals auch aus voller Überzeugung delegiert! Sie ist mir sehr wesensnah, schreibt sehr differenziert aus weiblicher Sicht. Sicher eine Bereicherung! Auf Bayreuth 3 hat sie DIE MACHT getextet und interpretiert.
Tilo Wolff von LACRIMOSA hat einen Titel mit Text beigesteuert, ABENDROT und NIK PAGE hat den Titel TIEFENRAUSCH getextet und komponiert, in der Kombination mit Bernd Wendlandt von den Valicon Studios.
Ein bisschen Auflockerung hat auch hier, der Abwechslung halber, gut getan!

Betrachtet man das neue Album, so wird einem schnell klar, dass hier wieder Denkanstöße in die Welt gebracht werden. Man merkt, dass hier eine CD produziert wurde, die nicht nur musikalisch stimmig ist, sondern auch textlich heraussticht. Der Lückenschluss zu den beiden vorherigen Teilen der Bayreuth Reihe ist mehr als gelungen. Wie wichtig war für Sie die lange Pause zwischen Teil II und III der Reihe, in der ja zwei etwas anders ausgerichtete CDs erschienen sind?

Die Pause war nicht wichtig, es hat sich in der Zwischenzeit einfach nicht ergeben. Ich befand mich auf einem Nebenschauplatz! Nun habe ich den Anschluss gefunden! Es ist einfach so gekommen!

Das „rote Tuch“ findet sich in der Covergestaltung der ersten beiden Teile, wie auch, diesmal jedoch im Gegensatz zu den ersten Covern nicht als einziger Farbfleck, auf „Bayreuth III“. Ist dieses Gestaltungselement als Orientierungshilfe gedacht, um den Zusammenhang der Werkreihe zu verdeutlichen? Oder steht es evtl. als Symbol für all jene Probleme, die auf der CD angesprochen werden?

Es symbolisiert relativ subtil den „roten“ Faden. Darauf haben wir geachtet! Es muss auch visuell der Zusammenhang hergestellt werden. Das ist Ronald Reinsberg sehr gut gelungen. Der weit aufgerissene Mund soll zusätzlich die Bissigkeit unterstreichen!

„Menschen“ ist neben „Wo versteckt sich Gott“ eines der Stücke auf dem neuen Album, deren Kritik sehr direkt daher kommt. Andere Songs sind ehrer unterschwellig kritisch und regen zum Nachdenken an. In wieweit beeinflusst das aktuelle Weltgeschehen die Texte und gibt es Ziele, die mit den Texten erreicht werden sollen?

Das aktuelle Weltgeschehen beeinflusst meinen kreativen Prozess zu jeder Zeit! Mal tritt er offener, mal subtiler zu Tage. Dieses Mal eben sehr viel offener! Ja, es gibt die grundsätzliche Aufforderung zu mehr Gerechtigkeit in meinen Texten.

Die musikalische Umsetzung der Songs wechselt zwischen harten Gitarren, rhythmischen Elektro- und seichteren Synthesizerklängen und macht das Album zu einem hervorragenden Wechselspiel, das nicht langweilig wird. Texte und Musik passen gut zueinander. In welcher Reihenfolge sind die Songsentstanden, wurden Texte zu bestehenden Melodien geschrieben oder standen zuerst die Texte und die Musik entstand drum herum?

Zuerst entstand die Musik und man sah einen Witt, der wütend auf seine Gitarre eindrosch! So entstand das Gerüst. Die Melodie, sofern es eine gibt, entsteht im zweiten Schritt, dann baut sich das gesamte Arrangement um das bereits Geschaffene. Die Arrangements erfordern viel Gefühl für das große Ganze und sind das komplizierte an der Arbeit!

„Die Macht“ sticht aus dem Album heraus, da Sie dort nur für den Refrain Ihre Stimme leihen. Welches weibliche Wesen ist für die Strophen dieses interressant arrangierten Stücks verantwortlich?

Nadja Marie Saeger, die auch für den Text verantwortlich zeichnet. Meine Weggefährtin, die mich schon zu Bayreuth 1 inspirierte und  kontinuierlich in mein Schaffen integriert ist!

Eine letzte Frage: Wird es noch ein Album „Bayreuth IV“ geben oder ist die Werkreihe als Trilogie angelegt?

Bin im Moment noch unschlüssig. Mal so, mal so. Die Zukunft wird es zeigen!
 

www.JoachimWitt.de
 (Michael Brinkschulte, © 2006 Der Hörspiegel )